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Listenwahn: Die Alben des Jahres 2016

Pflichtschuldiger Blogpost, der drölfte. Wer auch immer sich warum auch immer (Google-Keywords?) auf diese Seite verirrt, lese im Folgenden meine Liste der 20 besten Alben 2016. Und damit meine ich die Liste, wie ich sie zum Jahresabschluss 2016 beim Musikexpress vor weit über sechs Monaten abgab. Gleiches Spiel wie im vergangenen Jahr, Ihr kennt das. Falls Ihr Euch schon einmal hier her verirrt habt.

1. Bon Iver – 22, A MILLION

2. Federico Albanese – THE BLUE HOUR

3. Anohni – HOPELESSNESS

4. Radiohead – A MOON SHAPED POOL

5. James Blake – THE COLOUR IN ANYTHING

6. Moderat – III

7. Drangsal – HARIESCHAIM

8. Die Höchste Eisenbahn – WER BRINGT MICH JETZT ZU DEN ANDEREN

9. Kanye West – THE LIFE OF PABLO

10. David Bowie – BLACKSTAR

Auf den weiteren Plätzen:

11. Isolation Berlin – UND AUS DEN WOLKEN TROPFT DIE ZEIT
12. Regina Spector – REMEMBER US TO LIFE
13. Kiran Leonard – GRAPEFRUIT
14. Taking Back Sunday – TIDAL WAVE
15. Turbostaat – ABALONIA
16. Beginner – ADVANCED CHEMISTRY
17. Against Me! – SHAPE SHIFT WITH ME
18. John K. Samson – WINTER WHEAT
19. Nick Cave – THE SKELETON TREE
20 Dinosaur Jr. – GIVE A GLIMPSE OF WHAT YER NOT

Listenwahn: Die Alben des Jahres 2015

2015 war mal wieder ihr Jahr: Deichkind. (Foto: PR / Jonas Lindström)
2015 war mal wieder ihr Jahr: Deichkind. (Foto: PR / Jonas Lindström)

Noch einmal kurz und schmerzlos und Monate zu spät: Wie schon 2014, hier meine 20 Lieblingsalben des Jahres 2015, wie ich sie für die Redaktions-Wahl der „50 besten Platten des Jahres 2015“ beim Musikexpress einreichte. Damit hier mal wieder was los ist. Unnötig zu sagen, dass auch diese Liste schon einen Tag nach Abgabe völlig veraltet war.

1. Deichkind – NIVEAU WESHALB WARUM

2. Sufjan Stevens – CARRIE & LOWELL

3. Villagers – DARLING ARITHMETIC

4. Bilderbuch – SCHICK SCHOCK

5. Low – ONES & SIXES

6. Jamie xx – IN COLOUR

7. Wanda – BUSSI

8. Hot Chip – WHY MAKE SENSE?

9. Faith No More – SOL INVICTUS

10. Locas In Love – USE YOUR ILLUSION 3 & 4

11. Wilco – STAR WARS

12. Beirut – NO NO NO

13. Blur – THE MAGIC WHIP

14. Deafheaven – NEW BERMUDA

15. Noel Gallagher’s High Flying Birds – CHASING YESTERDAY

16. Florence & The Machine – HOW BIG, HOW BLUE, HOW BEAUTIFUL

17. Jamie Woon – MAKING TIME

18. Brandon Flowers – THE DESIRED EFFECT

19. Desaparecidos – PAYOLA

20. The Libertines – ANTHEM FOR DOOMED YOUTH

Listenwahn: Die 15 Serien des Jahres 2015

An dieser Stelle bleibt mir nichts anderes übrig, als den Einstieg meines letzten, über ein Jahr zurückliegenden Blogpost zu zitieren: Wer anhand der an einem Finger abzählbaren Blogposts hier vermutet, der Betreiber dieser Seite hätte das komplette letzte Jahr auf der faulen Haut gelegen, der täuscht gewaltig: Nicht nur habe ich den Blogschwerpunkt aus Nachwuchsgründen nach nebenan auf „New Kid And The Blog“ verlegt – ich habe auch, wenn schon sonst nichts, ziemlich viele Serien geschaut. Das strengt an – auf der Couch sitzen, Stream oder DVD anschmeißen, Cola trinken, Ihr kennt das“, entschuldigte ich mich damals. Und aus dem wieder gleichen Grund sowie aus technischen Problemen komme ich auch erst jetzt, im April 2016, dazu, mir eine Stunde Zeit zu nehmen für eine Auflistung meiner Lieblingsserien 2015.

Die selbstauferlegten Regeln sind die gleichen wie im vergangenen Jahr: Genannt wird, was im Jahr 2015 gesehen und für mindestens halbwegs gut befunden wurde. Unabhängig vom Produktions- und Erstausstrahlungsdatum.

Bis heute sitzt Steven Avery im Gefängnis. Vermutlich wieder für eine Tat, die er nicht begangen hat. (Foto: Netflix)
Bis heute sitzt Steven Avery im Gefängnis. Vermutlich wieder für eine Tat, die er nicht begangen hat. (Foto: Netflix)
  1. „Making A Murderer“

Zehnteilige Netflix-Doku über den unglaublichen Fall des Steven Avery, der 18 Jahre lang unschuldig im Gefängnis saß und zwei Jahre nach seiner Freilassung wieder festgenommen wird – erneut für ein Verbrechen, das er wahrscheinlich nicht begangen hat. Gab bisher keine Serie, die mich nachhaltiger beschäftigte – vor allem deshalb, weil die Wendungen seit der Ausstrahlung kein Ende nehmen und Averys neue Anwältin angeblich bald Beweise dafür auf den Tisch legt, dass Avery wirklich die Schuld in die Schuhe geschoben wurde.

  1. „Better Call Saul“, Staffel 1

„Breaking Bad“-Spin-off, das die Vorgeschichte des schmierigen Anwalts Saul Goodman erzählt. Bevor er Walter White kennenlernte, hieß Goodman noch Jimmy McGill und haderte mit sich selbst, ob seine Karriere einen sauberen oder schmutzigen Weg einschlagen würde. Die Entscheidung kennen wir, aber der Weg dahin ist ein so tragischer wie lustiger. Ausführlicher zusammengefasst habe ich die Geschehnisse der 1. Staffel für den Musikexpress.

  1. „Game Of Thrones“, Staffel 5

Die fünfte Staffel „Game Of Thrones“ war die erste, bei der ich die Handlung nachvollziehen konnte, ohne meine Frau mindestens einmal pro Folge zu fragen, wer da zwischen Westeros und Essos doch gleich warum gegen wen kämpft. Das große Hauptdarstellersterben ziehen sie weiter durch, die üblen Spoiler auch.

  1. „Narcos“

Die wahre Geschichte von Pablo Escobar. Gerade für Geschichtsbanausen wie mich unvorstellbar, dass all die Korruption, der Drogenschmuggel und der Machtmissbrauch keine Ausgeburten spinnerter Drehbuchautoren sind, sondern im Kolumbien der 70er und 80er und darüberhinaus bittere Realität waren.

  1. „Bloodline“, Staffel 1

Die Familie Rayburn lebt ein scheinbar gutes Leben in Florida Keys. Die Mutter schmeißt ein Hotel, drei ihrer Kinder verfolgen ihre eigenen Karrieren und helfen sich gegenseitig. Bis plötzlich der abtrünnige Bruder Danny auftaucht und die verdrängte Vergangenheit der Familie wieder hervorholt. Eine Tragödie riss sie einst subtil auseinander. Neue Tragödien scheinen plötzlich unvermeidbar.

  1. „House Of Cards“, Staffel 3

Pussy Riot, Edward Snowden, Wladimir Putin: In Staffel 3 haben es die „House Of Cards“-Macher etwas zu gut mit dem Realitätsbezug der Politserie gemeint. Deshalb leider die bis dahin schwächste Staffel. Frank Underwoods rücksichtsloser Pragmatismus, wie immer blendend dargestellt von Kevin Spacey, bleibt dennoch gleichermaßen sehens-, verachtens- und bewundernswert.

  1. „Elementary“, Staffel 1-3

Wie gut und geistesgegenwärtig Jonny Lee Miller als Sherlock Holmes in der US-Version der weltbekannten Detektivgeschichten ist! Wie kreativ und scharfsinnig die Fälle sind! Wie schade nur, dass bei all der Schmissigkeit die umfassendere Story – trotz sehr gekonnter Moriaty-Version – leiden musste, wegen der man auch nach drei jeweils sehr lange Staffeln noch am Ball bleiben will oder eben gerade nicht.

  1. „Unbreakable Kimmy Schmidt“, Staffel 1

Der Preis für die wohl durchgeknalltesten ersten 20 Minuten einer Serie aller Zeiten geht an „Unbreakable Kimmy Schmidt“. Der Preis für die wohl anstrengendsten weiteren Folgen leider auch. Die Komödie lebt von ihren absurden Charakteren und Dialogen, hinter denen Newcomer und gestandene US-Comedians stehen. Zum Glück dauert eine Episode nur 20 Minuten, das verkraften die Synapsen so gerade noch.

  1. „Ray Donovan“, Staffel 3

In der dritten Staffel „Ray Donovan“ reitet der namensgebende Protagonist sich und seine Familie noch tiefer in die moralische Scheiße als bisher. Räumte der stets mimikarme und wortkarge Donovan (Liev Schreiber) zuletzt noch den kriminellen Dreck diverser Hollywood-Größen weg, zwingt ihn ein Medienmogul nun zu einer Art Festanstellung. Schlimmer als er selbst ist nur sein Vater, Ex-Knacki Micky (Jon Voight). Ein echter Opportunist, der angeblich nur den Boxclub seiner Söhne zusammenhalten und ein paar Mark nebenbei machen will.

  1. „Bates Motel“, Staffel 3

Eigentlich ist die dritte Staffel der Serienadaption des „Bates Motel“ ziemlich verzichtbar: Normans Mutter Norma weiß nun endgültig von der psychischen Störung ihres Sohnes und deckt ihn bis aufs Blut. Nach dem packenden Hin und Her der ersten beiden Staffeln ist Norman von jetzt an offiziell böse, denn er weiß es auch. Der Fokus der Staffel verschiebt sich entsprechend auf den Rest der kaputten Familie, nämlich auf Normans Bruder Dylan und ihren Onkel Caleb, der gleichzeitig Normans Vater ist.

  1. „The Leftovers“, Staffel 2

Die zweite Staffel „The Leftovers“ beweist einmal mehr die Vorliebe von „Lost“-Machern für Mystery-Geschichten über Leben, Tod und Parallelwelten: Während in der 1. Staffel der u.a. von Damon Lindelof produzierten Serie Menschen in der fiktiven Kleinstadt Mapleton plötzlich verschwanden und sich deren Hinterbliebene mit ihrem Verlust arrangieren mussten, versucht die Familie des Hauptcharakters Kevin Garvey Jr. (Justin Theroux) einen Neuanfang in Miracle, Texas – der einzigen Stadt, in der bisher kein Mensch verschwand. Klar, dass ihn die Vergangenheit und seine eigenen psychischen Probleme trotzdem einholen. Ein sehr düsteres Drama voller Bibelverweise und Glaubensfragen, das zum Glück eine dritte und finale Staffel erhalten soll.

  1. „The Returned“

Nach Tod kommt Wiederauferstehung: Von Carlton Cuse („Lost“) produziertes US-Remake einer französischen Mystery-Serie, in der in einer us-amerikanischen Kleinstadt plötzlich Menschen wiederkehren, die jahrelang verschwunden oder eigentlich wirklich tot waren. Der Cast besteht aus alten Serienbekannten wie Jeremy Sisto („Six Feet Under“), Michelle Forbes („24“, „True Blood“) und Mark Pellegrino („Lost“). Es geschehen wohl konsumierbare menschliche Dramen, die offenbar nicht genug Anklang fanden: Eine zweite Staffel wurde nie in Auftrag gegeben.

  1. „The Killing“, Staffel 2

Rosie Larsson ist immer noch tot, ihr Mörder noch immer nicht gefunden. Wie Jahre zuvor „The Wire“ erzählt „The Killing“ – ein US-Remake der dänischen Serie „Komissarin Lund“ – nahezu quälend lang von einem einzigen Fall, in den auch Polizei und ranghohe Politiker verwickelt sind. Man muss schon arg viel Puste und Langeweile haben, um nach erfolgreicher Auflösung des Mordfalls zum Ende der 2. Staffel noch die dritte gucken zu wollen, in der es um einen neuen Fall geht.

  1. „Orange Is The New Black“, Staffel 3

Auch die dritte Staffel der Frauenknast-Serie kann sich nicht entscheiden, ob sie Drama, Komödie, beides oder gar nichts davon sein will. Ein bisschen wie die gesichtslose Piper Chapman: Zu ihrer Ex Alex Voss fühlt sie sich trotz allen Verrats wieder hingezogen. Den Rest habe ich fast vergessen, andere Handlungsstränge waren Schwängerung von Insassinnen durch Wärter, Schlägereien und Entlassungen.

  1. „True Detective“, Staffel 2

Erwähne ich hier eigentlich nur wegen der bis auf ihr Ende hervorragenden ersten Staffel. Statt Woody Harrelson und Matthew McConaughey auf Serienmörder-Jagd im sumpfigen Süden der USA sehen wir nun aber Rachel McAdams und Colin Farrell sowie Vince Vaughn in einem ungleich langweiligeren Fall, in dem es um eine Bahnstrecke durch Kalifornien, den Mord an einem Politiker und Korruption auf allen Ebenen geht. Schade und nur stellenweise spannend, dieser Abfall.

Listenwahn: Die Alben des Jahres 2014

Ja, Panik - LibertatiaKurz und schmerzlos: meine 20 Lieblingsalben des Jahres 2014, wie ich sie für die Redaktions-Wahl der „50 besten Alben des Jahres 2014“ beim Musikexpress einreichte. Unnötig zu sagen, dass diese Liste schon einen Tag nach Abgabe völlig veraltet war. Ob von The War On Drugs, Felice Brothers oder Matthew Ryan – 2014 erschienen schon noch ein paar mehr sehr gute Alben, die ich schlichtweg zu spät hörte. Oder gar nicht.

1. Ja, Panik – „Libertatia“
2. Wanda – „Amore“
3. FKA twigs – „LP1“
4. Element Of Crime – „Lieblingsfarben und Tiere“
5. Damien Rice – „My Favourite Faded Fantasy“
6. Caribou – „Our Love“
7. Bonnie ‚Prince‘ Billy – „Singer’s Grave – A Sea Of Tongues“
8. Banks – „Goddess“
9. Jessie Ware – „Tough Love“
10. Rise Against – „The Black Market“
11. Afghan Whigs – „Do To The Beast“
12. Kate Tempest – „Everybody Down“
13. The Notwist – „Close To The Glass“
14. Morrissey -„World Peace Is None Of Your Business“
15. How To Dress Well – „What Is This Heart?“
16. Thom Yorke – „Tomorrows Modern Boxes“
17. Jungle – „Jungle“
18. SOHN – „Tremors“
19. Beatsteaks – „Beatsteaks“
20. Der Nino aus Wien – „Bäume/Träume“


Soviel Hass: Wenn Fans von Fler, den Böhsen Onkelz und U2 schreiben

Ob U2, Fler, Die Böhsen Onkelz oder die „Let’s Play“-Gemeinde: Wie sogenannte Trolle Fallbeispiele liefern, um das Für und Wider digitaler Kommentarspalten zu diskutieren.

Haben nicht ausschließlich entspannte Fans: Die Böhsen Onkelz in ihrem Comebackjahr 2014. (Foto: PR)
Haben nicht ausschließlich entspannte Fans: Die Böhsen Onkelz in ihrem Comebackjahr 2014. (Foto: PR)

Trolle und Gepöbel im World Wide Web sind so alt wie das Internet selbst. Um deren Auswüchse weiß man ausführlich nach der Lektüre des Texts „Die dunklen Seiten: Zu Besuch bei Trollen, Hetzern und Forennazis“ von Jamie Bartlett, Nikolaus Röttger und Anja Rützel in der aktuellen Ausgabe der deutschen „Wired“. Die Fratze dieses Phänomens zeigt sich gegenwärtig aber auch im Popjournalismus. Was vor ein paar Tagen auf Welt Online abging, entpuppte sich als eine Hetzjagd, deren naheliegenden Vergleich ich hier lieber nicht äußere. Journalist Frédéric Schwilden hat dort unter dem Titel „Gangsta-Rap schützt nicht vor Altersarmut“ eine Glosse zur Veröffentlichung gebracht, die sich, der satirischen Form nach naturgemäß ironisch, mit dem Rapper Fler und der deutschen Rapszene beschäftigt. Anlass für Schwilden und die Redaktion von Welt.de war die Tatsache, dass Fler „anstelle eines neuen Albums sein polizeiliches Führungszeugnis“ veröffentlicht hat, und das aus den verdonnerten Tagessätzen errrechnete monatliche Einkommen von Fler ist offenbar nicht so hoch, wie man es sich als Gangstagröße mutmaßlich wünschen würde.

In der Kommentarspalte und via Twitter drohen Schwilden nicht nur Fans, sondern sogar Fler selbst vollkommen humorbefreit mit Gewalt, wenn besagte Glosse nicht wieder verschwinde. Einige User haben bereits die Adresse des Autors ausfindig gemacht und, schlimmer noch, Fotos seiner Haustür im Netz gepostet. Schwilden selbst hat die Geschehnisse selbst dokumentiert, Welt Online geht zum Glück in die Gegenoffensive. Und Szeneexperte Marcus Staiger hat den Vorfall auf ZEIT Online kommentiert.

Trolle im Internet (Symbolbild).
Trolle im Internet (Symbolbild).

Mit digitalen Pöbeleien und Hasstiraden, um nicht Shitstorm zu sagen, habe ich selbst vor ein paar Monaten einschlägige Erfahrungen machen dürfen müssen. Auf der Homepage des Musikexpress, für die ich als Redakteur arbeite, erschien im Februar dieses Jahres ein Text mit der Überschrift „Danke für Nichts – Die Wahrheit über Die Böhsen Onkelz“. Der Text war von mir und natürlich als Polemik verfasst, eine derart polarisierende Band als öffentliche Person sowie ihre Fans sollten sowas aushalten (wenn schon nicht drüber lachen) können. Die erwartbaren Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten: Neben im- sowie expliziten Gewaltandrohungen war da von „Herrenmensch“, „Klassismus“ und „Schmierfink“ die Rede, von „Milchbubi-Warmduscher-Weichei“, „intolerantem linksfaschistoiden geschmiere“ und „dumm, dümmer, Fabian Soethof“, dem „dümmsten Autoren, den es gibt“. Per Mail oder Facebook-Nachricht drohte man mir indirekt mit dem Hinweis, man wisse ja, wo ich arbeite; ein Onkelz-Fan bot mir hingegen gar ein Ticket für ihr Comeback-Konzert am Hockenheimring an, damit ich mir mal selbst ein Bild machen könne. Ich verzichte darauf, die diversen Anschuldigungen hier zu versammeln, so wie auch hier keine Rechtfertigung oder Erklärung folgt. Weitere, teilweise sogar differenzierte Reaktionen sind öffentlich in der Kommentarspalte oder in diversen Onkelz-Fanforen nachzulesen – passiert ist aber, zum Glück, weiter nichts.

Die Reaktionen der Fans von Fler und den Böhsen Onkelz sind nur zwei Beispiele von vielen, um das Für und Wider digitaler Kommentarspalten zu diskutieren. Allgegenwärtig ist das Thema seit Jahren allemal: Der Journalist und Autor Sebastian Leber etwa dokumentierte im „Tagesspiegel“ vor ein paar Monaten seinen ersten Shitstorm, Comedian Oliver Polak wurde nach einem Facebook-Posting über ein Tierbordell mit Hunde aus Polen unter anderem mit Kastration gedroht. Die FAZ porträtierte den Troll Uwe Ostertag, deutschlandweit treffen sich unter dem Veranstaltungstitel „Hate Poetry“ regelmäßig Journalisten mit Migrationshintergrund, um auf einer Bühne hasserfüllte Leserbriefe vorzulesen. Unterhaltung und Selbsthilfe zugleich.

Auch beim Musikexpress bringen wir in loser Regelmäßigkeit und ohne die entsprechende Absicht Fanscharen gegen uns auf, etwa bei Verrissen zu Rapplatten von Cro, Casper und Co., der Abwesenheit von Madonna-Liedern in den „700 besten Songs aller Zeiten“, Meinungstexten im Allgemeinen sowie zuletzt ganz besonders bei U2. Deren neues Album „Songs Of Innocence“ gefiel Autor Reiner Reitsamer nicht so dolle, den U2-Jüngern seine Kritik noch weniger. Arno Frank erklärte deren Reaktion so: „Pointierte Urteile, mit Verve geschrieben, die liest man dagegen nicht so gerne. Da fühlt sich die Herde gekränkt und herausgefordert. Dann wird sie böse. Und wer böse wird, argumentiert „ad hominem“, zielt also auf den Menschen.“ Nach ein paar Tagen war wieder Ruhe, nur manchmal, beim nächsten Aufreger, fällt ein paar Usern wieder ein, dass sie sich neulich schonmal aufregten. Bleibt zu hoffen, dass sich auch die Fans von Fler und Fler selbst wieder beruhigen – Frédéric will doch nur spielen! – und die Sache in ein paar Tagen endgültig vergessen ist. Schon wegen so Lappalien wie Pressefreiheit, „freiheitlicher Grundordnung“ (Staiger) und dergleichen. Und weil es manchmal, wie auch die „Wired“ im eingangs zitierten Text feststellte, herrlich profan sein kann: Manche Kommentatoren haben wahrscheinlich schlichtweg Langeweile.

Listenwahn: Die Alben des Jahres 2013

Schwermut, Rotwein, Grummelrock: The National haben mit „Trouble Will Find Me“ mal wieder ein ziemlich gutes Album aufgenommen.

Wenn ich doch wenigstens von Prokrastination sprechen könnte. Schlappe sechs Monate hat es gedauert, bis ich mir nun eine halbe Stunde Zeit nehme, um hier meine Lieblingsalben 2013 aufzulisten. Ein eigentlich liebgewonnenes Hobby, diese Listen, das aber schon letztes Jahr einriss, als ich bereits drei Monate dafür brauchte – immerhin aber über meine Lieblingsalben 2012 noch meine Lieblingsserien sowie -filme zusammenstellte. Später irgendwann.

Im Kalenderjahr 2013 lagen die Prioritäten anders: Jobwechsel, Familiengründung, neues Blog, solche Sachen. Für ein paar gute Serien – „Breaking Bad“-Finale, „Walking Dead“, „Hannibal“, „Game Of Thrones“, „Bored To Death“, „Freaks And Geeks“, „Pan Am“ und Co., nur die letzte Staffel „Dexter“ nicht – blieb noch Zeit, für noch mehr gute Musik berufsbedingt sowieso. Beim Musikexpress kürte ich bereits die 20 für mich besten Alben des Jahres 2013, die da lauten:

1. The National – TROUBLE WILL FIND ME

2. Arcade Fire – REFLEKTOR

3. Kanye West – YEEZUS

4. Iron & Wine – GHOST ON GHOST

5. Moderat – II

6. James Blake – OVERGROWN

7. Volcano Choir – REPAVE

8. Jon Hopkins – IMMUNITY

9. Turbostaat – STADT DER ANGST

10. Queens Of The Stone Age – …LIKE CLOCKWORK

11. Blood Orange – CUPID DELUXE

12. Daft Punk – RANDOM ACCESS MEMORIES

13. Cut Copy – FREE YOUR MIND

14. Low – THE INVISIBLE WAY

15. Tocotronic – WIE WIR LEBEN WOLLEN

16. Babyshambles – SEQUEL TO THE PREQUEL

17. Phoenix – BANKRUPT!

18. Chuckamuck – JILES

19. Arctic Monkeys – AM

20. Biffy Clyro – OPPOSITES

Völlig verpasst und 2014 nachgeholt habe ich SCHAU IN DEN LAUF HASE, das ganz und gar wunderbare Debüt von Die Höchste Eisenbahn. Auch gut waren unter anderem Okkervil Rivers THE SILVER GYMNASIUM, Erdmöbels KUNG FU FIGHTING, Frank Turners TAPE DECK HEART und stellenweise sogar noch Jupiter Jones‘ DAS GEGENTEIL VON ALLEM sowie Pearl Jams LIGHTNING BOLT. Was ich deshalb eher als Enttäuschung abhaken müsste. Aber was solls, das Popjahr 2014 ist ja längst in vollem Gange.