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„Wer wenn nicht wir“: Vesper vs. Ensslin vs. Baader

Die Männer hatten Schuld: Der Berlinale-Beitrag „Wer wenn nicht wir“ versucht sich an einer privatpolitischen Deutung von Gudrun Ensslins Wandel von der Studentin hin zur Terroristin – und gibt August Diehl und Alexander Fehling eine große Bühne.

Katzen passen nicht zu Menschen. Sie stammen aus dem Orient, sie sind die Juden des Tierreichs. So zumindest erklärt der völkische Dichter und ehemalige NS-Sympathisant Will Vesper seinem zehnjährigen Sohn Bernward, warum er dessen geliebtes, aber Vogelküken fressendes Haustier erschossen hat. Es ist auch Beginn und Schlüsselszene von „Wer wenn nicht wir“, der wahren Geschichte des späteren Vaters von Gudrun Ensslins Sohn.

Tübingen, 1961: An der Universität lernt der herangewachsene Bernward Vesper (August Diehl), heute ein belesener Student und feuriger Verehrer des Schriftstellers Hans Henny Jahnn, die Kommilitoninnen Dörte und Gudrun kennen. Er verguckt sich erst in die eine, gründet dann mit der anderen einen Buchverlag. Sie werden ein Paar, das keines ist: Immer wieder betrügt Vesper die junge Gudrun Ensslin (Lena Lauzemis) mit anderen Frauen, immer wieder kehrt sie zu ihm zurück. Weltpolitisch spitzt sich indes der Kalte Krieg zu: Die Amerikaner streuen Napalm über Vietnam, die Russen rüsten auf Kuba zum Atomschlag gegen die USA auf. Es muss mehr getan werden als nur Streitschriften publizieren, findet der aktivistische Neuling Andreas Baader (Alexander Fehling), und das gefällt auch Ensslin. Sie heiratet Vesper, bringt den gemeinsamen Sohn Felix zur Welt und sympathisiert doch längst mehr mit dem aggressiven wie tatkräftigen Baader. Also verlässt sie ihren Sohn und den immer noch mit Worten und der NS-Propaganda-Vergangenheit seines Vaters kämpfenden Vesper. Der zerbricht psychisch und finanziell zunehmend, während seine Frau 1968 erst Brandbomben in Kaufhäusern legt und dann zum größeren Schlag ausholen will. Der Rest ist Geschichte, die oft erzählte und nie abschließend aufgeklärte Geschichte des Deutschen Herbst.

Wer wenn nicht wir
Drei sind eben doch einer zuviel: Vesper (Diehl), Baader (Fehling) und Ensslin (Lauzemis)

„Wer wenn nicht wir“ basiert auf Gerd Koenens Biografie „Vesper, Ensslin, Baader“ und der 1977 veröffentlichten Roman-Autobiografie „Die Reise“ von Bernward Vesper selbst. Die schrieb er unter starkem Drogeneinfluss und am Rande der Verzweiflung, schließlich war er sich noch immer das Buch schuldig, das die Welt verändern sollte. Auf diesen Höhepunkt arbeitet nun, 34 Jahre später, auch Regisseur Andres Veiel in seinem Spielfilmdebüt hin, und er lässt sich Zeit dafür.

Die weltpolitischen Ereignisse werden als aus Medienberichten gesammeltes Originalmaterial eingespielt, im Mittelpunkt des Films aber steht die persönliche Familien- und Beziehungsgeschichte von einer persönlich verunsicherten Gudrun Ensslin auf der einen und einem politisch verunsicherten Bernward Vesper auf der anderen Seite. Die eine – und in dieser Emotionalisierung liegt ein möglicher Hauptvorwurf gegenüber dem Film – hat nur Pech mit Männern, gibt also scheinbar denen die Schuld und verbittet sich deshalb am Wendepunkt ihrer eigenen Radikalisierung jeglichen Rückzug ins Private; der andere weiß nicht, ob er zuerst den Glauben an die Liebe, an die friedliche Revolution oder an sich selbst verloren hat. Die tragischen Ereignisse enden trotz zeitlicher und szenischer Überschneidungen dort, wo „Der Baader Meinhof Komplex“ anfängt, und man sollte beide Real-Inszenierungen nicht ohne ihr direktes Gegenüber betrachten. „Wer wenn nicht wir“ ist kein Dokument deutscher Zeitgeschichte (denn das ist nur die Vorlage von Vesper selbst), sondern ein familienpolitisches Beziehungsdrama, das den Deutschen Herbst als ein Ende und nicht als den Anfang von etwas Neuem darstellt. Und das ist immerhin ein Ansatz, der August Diehl („Inglourious Basterds“, „Salt“, „Die Buddenbrocks“) erneut brillieren lässt, ohne Moritz Bleibtreu auskommt und dem Drama eine Wettbewerbsteilnahme bei der diesjährigen Berlinale bescherte. Dort feierte „Wer wenn nicht wir“ am Donnerstagabend Premiere.

Pre-RAF-Drama:

„Wer wenn nicht wir“
(Deutschland, 2011, 124 Minuten)
Regie: Andres Veiel
mit: August Diehl, Lena Lauzemis, Alexander Fehling, Thomas Thieme, Imogen Kogge, Michael Wittenborn, Susanne Lothar u.a.

seit 10. März 2011 im Kino

www.werwennnichtwir-film.de

(erschienen auf: BRASH.de, 17. Februar 2011)

Das Stottern des Königs

Über Sinn und Unsinn der britischen Monarchie, des Zweiten Weltkriegs und der Erfindung des Radios: Colin Firth als stotternder Tronfolger und Geoffrey Rush als Sprachlehrer glänzen im komischen Geschichtsdrama „The King’s Speech“.

Dieses verdammte Mikrofon. Steht da wie ein Mahnmal. Bewegt sich nicht. Starrt nur. Sagt nichts und schreit doch aus jeder Pore und Perspektive: „Benutze mich! Sprich mit mir! Komm schon, das bist Du Dir schuldig! Oder hast Du es nicht drauf?“ Wenn es noch länger ohne Input bleibt, dieses olle Stück Metall, dann wird es seinen stummen Sprecher fressen. Mit dieser vielsagenden Nahaufnahme dieses einen Mikrofons in der Sprechkabine des BBC, 1925 in London, fängt er an: „King‘s Speech“, der mit zwölf Oscarnominierungen bedachte Kinofilm von Tom Hooper. Dieses Mikrofon ist stellvertretend für jede Form von Öffentlichkeit der größte Feind von Albert, Herzog von York, und es ist Sinnbild eines fast zwei Stunden lang großartig unterhaltsamen Geschichtsdramas: Selten wurde der Aufstieg eines Königs persönlicher, nie wurde die Macht der Worte tragikomischer verfilmt.

Herzog Albert (Colin Firth) hat ein paar Probleme. Er ist der Sohn des sterbenskranken Königs George V. (Michael Gambon) und jüngere Bruder des irrlichternden Tronfolgers David, der Prince of Wales (Guy Pearce). Das Radio wurde gerade für Ansprachen entdeckt, sein Vater ist da Profi, nur: Albert stottert seit seiner Kindheit wie ein schrotter Ottomotor. „Vielleicht sollte er den Job wechseln“, kommentiert der Sprachlehrer Lionel Logue (genial: Geoffrey Rush) flapsig, als Alberts Ehefrau Elizabeth (Helena Bonham Carter) bei ihm Hilfe sucht. Da weiß Logue noch nicht, welch prominenten Patienten er da bald behandeln würde. Doch auch als der für seine Sprachprobleme längst bekannte Herzog Albert leibhaftig vor ihm sitzt, bemüht Logue sich nicht um Höflichkeiten, Ehrfurcht vor der Monarchie oder konventionelle Arbeitsweisen. „Rauchen entspannt den Rachen? So einen Unsinn erzählen nur Idioten“, beschimpft der stets schelmische Logue seinen paffenden Patienten, worauf Bertie, wie Logue Albert gegen dessen Willen nennt, sich erbrüstet: „Diese Herren wurden geadelt!“ Logues Antwort: „Bitte, dann ist ihre Idiotie ja amtlich!“

1936 stirbt der König. Alberts Bruder David, der Herzog von Windsor, gibt als König Edward VIII sein Amt nach nur zehn Monaten wieder auf, um die bürgerliche US-Amerikanerin Wallis Simpson zu heiraten. Bühne frei für Albert, den, der die Öffentlichkeit so scheuen muss. Der findet trotz Stolz und Streitereien nicht nur Gefallen an Logues Arbeit, sondern in ihm auch einen Freund. Fasziniert von Hitlers Rhetorik (seinen Töchtern Elisabeth und Margaret antwortet er einmal: „Ich weiß nicht was der Mann im Fernsehen da sagt, aber er macht es offenbar gut!“) macht er sich auf, nicht nur dem Nationalsozialismus, sondern zuerst sich selbst die Stirn zu bieten.

„The King‘s Speech – Die Rede des Königs“ bewegt sich elegant zwischen Buddymovie, Geschichtsdrama und Satire und fällt nie ins Extrem. Der Respekt vor den Figuren ist größer als der schnelle Gag. Vor dem historischen Hintergrund (Kirche vs. Staat, die britische Monarchie zwischen zwei Weltkriegen) liefern die weltpolitischen Geschehnisse lediglich den Rahmen für ein persönliches Drama, dessen Absurdität durch die schauspielerischen Glanzleistungen des kompletten Ensembles, allen voran Firth und Rush, die nicht minder faszinierende Kameraarbeit, das Setdesign, die Musik und besonders seinen Wahrheitsgehalt an ungeahnter Tiefe und Größe gewinnt: Ja, der Herzog von York aus der Familie Windsor hat tatsächlich gestottert. Er hat die Rede im Wembley-Stadion versemmelt, er hatte einen Sprachtrainer an seiner Seite, er wurde wegen Wallis Simpson Tronfolger seines Bruders, er führte sein Land durch den Zweiten Weltkrieg. Nur eine Anekdote ist nicht verbrieft: Logue, so heißt es, habe Albert weder als Herzog noch als King George VI gewiss niemals Bertie genannt. Die erhabene, rührende und unfassbar komische Erzählung wäre indes jeden Oscar wert.

Königliche Tragikomödie:
„The King’s Speech – Die Rede des Königs“
(Großbritannien, 2010)
Regie: Tom Hooper
mit: Colin Firth, Geoffrey Rush, Helena Bonham Carter, Guy Pearce u.a.

Kinostart: 17. Februar 2011

(erschienen auf BRASH.de, 17. Januar 2011)

Ein Indiana im Frühstücksfernsehen

Vom Abendprogramm ins Frühstücksfernsehen: Für die mediensatirische Liebeskomödie „Morning Glory“ wechselt Hollywoodstar Harrison Ford das Fach. Im Interview erklären er, Hauptdarstellerin Rachel McAdams und Regisseur Roger Michell den Spaß daran.

Popcornkino: Patrick Wilson, Rachel McAdams und Harrison Ford bei der Premiere in New York
Als Harrison Ford, der den Einspielergebnissen seiner 33 Filme zufolge einer der reichsten Schauspieler der Welt sein dürfte, am vergangenen Wochenende zu Werbezwecken in Deutschland war, hätte man schon ahnen können: „Morning Glory“, die neue Komödie von „Notting Hill“-Regisseur Roger Michell, kann jede PR gebrauchen. Zum vierten Mal in seinem Leben war Weltstar Ford in Berlin, und jedes Mal geht es „vom Flughafen ins Hotel, von Termin zu Termin, zurück ins Hotel und wieder in den Flieger“, wie der 68-Jährige im Interview-Marathon im Ritz Carlton mit professioneller Bedacht (oder Langeweile?) berichtet. Zum Reichstag hatte er es noch geschafft, an Seite von Berlinale-Chef Dieter Kosslick, beim Frühstücksfernsehen war er auch. Eine Art außerordentlicher Pflichttermin, schließlich geht es im mit alten und kommenden Stars besetzten „Morning Glory“ um genau dieses Sujet. Ums Frühstücksfernsehen.

Erfolg vs. Liebe, Unterhaltung vs. Information

Die Lokalsender-Produzentin Becky Fuller (Rachel McAdams) kann ihr Glück kaum glauben: Nach ihrem überraschendem Rausschmiss bekommt sie einen neuen Job bei „Daybreak“, der Morning Show im New Yorker Sender IBS. Was sie nicht ahnt: Programmchef Jerry Barnes (Jeff Goldblum) hat die Aufgabe, den heruntergewirtschafteten Laden zu schließen. Will sie ihren Job und ihr Gesicht bewahren, muss die scheinbar überforderte Becky also alles tun, um die Einschaltquoten innerhalb weniger Wochen in die Höhe zu treiben. Sie kündigt dem neurotischen Anchorman und versucht fortan alles Erdenkliche, ihren alten Helden Mike Pomeroy (Harrison Ford), den grimmigen Dinosaurier des Senders, für den Job zu gewinnen – der als erfahrener Nachrichtenjournalist von der Idee genauso wenig begeistert ist wie die nicht minder narzisstische Co-Moderatorin Colleen Peck (Diane Keaton). Und nebenbei trifft die naive wie süße Becky, natürlich, einen äußerst smarten jungen Mann aus der Nachbarabteilung (Patrick Wilson). Das Chaos der Leidenschaften kann beginnen.

„Ob Becky wegen ihrer Unwiderstehlichkeit oder wegen ihrer fachlichen Kompetenz am Ende Erfolg hat? Gute Frage“, findet Rachel McAdams, deren eigene Karriere nach frühen Teenie-Komödien über „Wie ein einziger Tag“ und „Sherlock Holmes“ nun steil nach oben geht und die privat auf greenissexy.org über Dildo-Recycling und andere ökologische Spielereien bloggt. „Mit Honig fängt man mehr Fliegen“, sagt sie schließlich und lächelt ihr unwiderstehlichstes Lächeln. Und ob Erfolg die Liebe nach sich zieht? „Schön wär’s!“.

„Morning Glory“, mit der 32-jährigen McAdams in ihrer ersten großen Hauptrolle, arbeitet sich oft unterhaltsam an den großen und kleinen Fragen der Medienbranche im Besonderen und des Berufsleben im Allgemeinen ab: Liebe oder Erfolg? Unterhaltung oder Information? Für eine Mediensatire sind die Seitenhiebe nicht bissig genug, für eine romantische Liebeskomödie ist der Cast eigentlich zu stark: Harrison Ford glänzt zwar als misanthroper Journalisten-Opa, der plötzlich vor der Kamera Omelett brutzelt und auch privat nach dem Aufstehen zuerst den Fernseher einschaltet, bleibt aber drehbuchgemäß unter seinen Möglichkeiten.

Vom Anchorman zum Frühstückskasper: Mike Pomeroy (Harrison Ford)

Ford macht den Pomeroy

„Mag ja sein, dass ich zu den erfolgreichsten Schauspielern gehöre“, räuspert sich Ford, „aber ich nehme Erfolg oder Misserfolg nicht persönlich. Ich mag einfach meinen Job.“ Glück habe er natürlich auch gehabt, weil er in den Heydays der Industrie zum Film kam, wie er sagt. Nach seinem Durchbruch als Han Solo in „Star Wars“ und seiner Paraderolle als „Indiana Jones“ glänzte Ford vor allem in Politthrillern wie „Air Force One“ oder „Das Kartell“. Mit „Morning Glory“ wechselt er nun ins seichtere Fach – ganz wie seine Rolle Mike Pomeroy. Das von Aline Brosh McKenna („Der Teufel trägt Prada“) geschriebene Drehbuch mochte er besonders, er war als erster an Bord. Mit Regisseur Roger Michell („Notting Hill“) und dem Rest des Cast besuchte er Frühstücksfernseh-Redaktionen, die in Wahrheit ja noch viel chaotischer seien als im Film porträtiert. Und Michell selbst, der gerne absurde Hintergründe beobachtet und porträtiert, wusste mit seinem britischem Humor im letzten der drei Gruppen-Interviews die Geschichte und Zukunft von „Morning Glory“ und seiner Schauspieler-Wunschliste wie folgt auf den Punkt zu bringen: „Harrison war von Anfang an scharf darauf, mit zu machen. Rachel ist klinisch entscheidungsunfreudig, bei Ihr dauerte es länger. Patrick ist das eigentliche Mädchen im Film, und die einzige wirkliche Panne bei den Dreharbeiten war der Sturz auf den Hinterkopf von Diane beim Sumo-Ringen – am zweiten Dreh-Tag! Und wie ich für mich entscheide, ob ‚Morning Glory’ ein erfolgreicher Film ist oder nicht? Gute Frage“, sagt er und zögert das erste Mal kurz. „Fragen Sie mich in drei Jahren nochmal. Wenn ich mir meine Filme mit solchem Abstand angucke und mich nicht in Grund und Boden schäme, dann habe ich schon viel gewonnen!“

Frühstückskomödie:

„Morning Glory“ (USA, 2010)
Regie: Roger Michell
Drehbuch: Aline Brosh McKenna
mit: Harrison Ford, Diane Keaton, Rachel McAdams, Jeff Goldblum, Patrick Wilson u.a.

Kinostart: 13. Januar 2011

www.morninggloryfilm.de

(erschienen auf: BRASH.de, 13. Januar 2011)

„Die Leute sind verrückt nach Vampir- und Exorzismusgeschichten“: Eli Roth und Daniel Stamm im Interview

„Man wird nie mehr so erschrocken werden wie bei ‚Der Exorzist‘“: Eli Roth und Daniel Stamm im Interview über ihren Kino-Überraschungserfolg „Der letzte Exorzismus“

Die Horror-Mockumentary „Der letzte Exorzismus“ über einen Prediger, der mit inszenierten Exorzismen scheinbar Besessenen das Geld aus der Tasche nimmt und sich für seinen letzten Fall von einem Kamerateam begleiten lässt, spielte in den USA in der ersten Woche das Zehnfache seines Budgets ein – und damit „mehr als der letzte Tom Cruise“, sagt Produzent Eli Roth. Wir sprachen mit dem „Bärenjuden“ und Hitlermörder aus „Inglourious Basterds“ und dem deutschen Nachwuchsregisseur Daniel Stamm über Horror und Humor, besessene Mädchen und die Legende, dass Eli Roth kein Blut sehen kann.

Herr Stamm, wieso sind die Opfer von Dämonen immer junge Mädchen?

Daniel Stamm: Weil sie in unserer Gesellschaft die zerbrechlichsten, schützenswertesten, wehrlosesten und zartesten Wesen sind. Wenn mit einem jungen Mädchen etwas gegen ihren Willen geschieht, sträubt man sich sofort. Es ist emotional ergiebiger als ein vom Teufel besessener alter Mann.

Sie hatten sich für „Der Letzte Exorzismus“ andere Genreproduktionen wie „Requiem“ also zum Vorbild genommen?

Daniel Stamm: An „Requiem“ fand ich immer toll, dass der Film aufhört, bevor der wahre Exorzismus beginnt. „The Exorcism Of Emily Rose“ und „Requiem“ basieren beide auf dem Fall der Anneliese Michel und fokussieren sich auf verschiedene Teile der Geschichte. Wir haben uns vor allem den Klassiker „Der Exorzist“ und den noch nicht weit zurückliegenden „The Exorcism Of Emily Rose“ angeguckt, weil die Leute sich gerade an diese Filme erinnern. Weil wir nichts wiederholen wollten, durfte es uns nicht um Effekte gehen. Wir mussten uns immer wieder vor Augen führen, dass wir einen psychologischen Film machen, in dem die Hauptfrage lautet: Ist dieses Mädchen verrückt oder ist sie wirklich vom Teufel besessen?

Und der Zuschauer fragt sich: Wieviel Fakt steckt in der Fiktion?

Daniel Stamm: Alle Fakten, die im Film gesagt werden, sind tatsächlich so. Beispielsweise, dass in jeder Religion Exorzismen gemacht werden. Heute werden auch mehr Exorzismen praktiziert als jemals zuvor in der Geschichte. Obwohl man fälschlicherweise immer denkt, dass das goldene Zeitalter des Exorzismus im Mittelalter war.

Sie haben mit praktizierenden Exorzisten und mit Besessenen gesprochen. Gab es einen Punkt, an dem Sie selbst begannen, an Dämonen zu glauben?

Eli Roth: Nein, aber wir haben die Dreharbeiten mit Respekt begonnen anstatt es von Vornherein besser zu wissen. Der Charakter von Cotton Marcus kommt in die Gemeinde und denkt bis zum Ende des Films, dass er es besser weiß als alle anderen. Er glaubt nicht an Gott oder den Teufel, er fühlt sich allen überlegen und bezahlt letztlich den Preis dafür. Wir wollten nie so sein.

Cotton Marcus ist ein Prediger und Betrüger, der wegen seines Humors eine sympathische Seite hat. Wieviel Humor verträgt Horror?

Daniel Stamm: Ich glaube, dass Horror und Komödie sehr gut Seite an Seite leben können. Nehmen wir das Beispiel „Hostel“ von Eli Roth: In der ersten Hälfte passiert auch kein Horror, sondern Witz. Danach ist es ein subtiler Film, der nicht wegen des Blutes, sondern wegen der Thematik gruselt, dass es Leute gibt, die dafür Geld bezahlen andere zu Tode zu foltern. Oder, besseres Beispiel: „Scream“, eine richtige Horrorkomödie. Weil bei uns aber Horror bereits neben Dokumentation leben muss, wollten wir in die zweite Hälfte des Films keine Komödie mehr reinbringen. Das wäre nicht zu balancieren gewesen.

Als Blockbuster-Produktion hätte die Rolle des Cotton Marcus auch von Woody Harrelson oder Hugh Grant gespielt werden können. Warum fiel die Wahl auf den so gut aufgelegten Patrick Fabian?

Daniel Stamm: Hugh Grant? (lacht) Wegen des Doku-Touchs wollten wir von Anfang an keine namhaften Schauspieler. Wir brauchten Leute, die nach Drehbuch spielen und improvisieren können. Die Rolle von Cotton Marcus hatten wir für Wochen gecastet und hunderte von Leuten gesehen. Ashley Bell hingegen, die die Rolle der Nell Sweetzer spielt, war das zweite Mädchen das reinkam. Die hat mich einfach umgehauen. Weil mich im Gegensatz zu Eli Roth niemand erkennt, setzte ich mich beim Vorsprechen mit den Schauspielern in den Warteraum und tat so, als wäre ich einer von ihnen. Sie haben keinen Grund mir etwas vorzumachen. So habe ich vor dem Casting schon einen Eindruck wie die Bewerber ungefähr im wahren Leben sind und mit anderen Leuten harmonieren. Ashley Bell war so süß und intelligent und hat mich aufgebaut und mir immer Mut zugesprochen, weil sie dachte, dass ich da gleich rein muss. Dann haben wir während des Castings den Exorzismus improvisiert. Ashley ist richtig abgegangen, hatte aber nichts von diesen Verbiegungen gemacht, die Sie im Film sehen.

Die hat sie selbst gemacht?

Daniel Stamm: Ja, da entstand nichts am Computer. Sie hat mir nie gesagt, dass sie das kann. Einen Abend bevor wir die Exorzismus-Szene gedreht haben saß ich mit ihr in der Hotel-Lobby. Ich fragte, ob sie Ideen für die Szene hätte. Da stand sie einfach auf, beugte sich rückwärts mit ihrem Kopf Richtung Boden, schlug fast auf und fragte mich, ob sie nicht das machen soll. Ich konnte nicht glauben, was ich sah und habe daraufhin die Szene komplett umgeschrieben. Das Tolle war, dass Patrick Fabian auch nicht wusste, dass sie das kann. Wir haben beim Dreh also die Kamera auf ihn gerichtet und sie das Zeug machen lassen. Seine Reaktionen im schlussendlichen Film sind die des ersten Takes. Weil er wirklich da stand und dachte: „Oh Gott, was macht die da?“

Mr. Roth, auch „Hostel“ oder „Cabin Fever“ waren Low-Budget-Produktionen. Was aber bewegte Sie dazu, ein Drehbuch über ein so oft verfilmtes Thema wie Exorzismus zu produzieren?

Eli Roth: Man muss sich nur beispielsweise Vampire anschauen, die mit Dracula anfingen und heute zu „Twilight“ und „True Blood“ geworden sind: die Leute bekommen einfach nicht genug von ihnen. Bei Zombies ist es das gleiche Phänomen. Wieso also nicht das Gleiche mit Besessenheit tun? Die Leute sind verrückt nach Teufel- und Exorzismusgeschichten. Es entspricht auch der Wahrheit, dass Exorzismus heute verbreiteter ist als er es jemals war. Es ist Zeit für ein Update, für eine andere Version. Man wird nie mehr so erschrocken sein wie bei „Der Exorzist“, aber es ging uns ja um keine Kopie, sondern um eine eigene Geschichte, einen Psychothriller. Wenn man nicht an Gott glaubt, glaubt man sicher alles, was Cotton Marcus sagt, und akzeptiert nur den Psychiater als Lösung. Ist man aber sehr religiös, glaubt man dem Pater und will den Dämon austreiben. Der Film nimmt in dieser Frage keine Stellung, er stellt beide Positionen intelligent gegenüber. Wir haben ihn für etwas mehr als eineinhalb Millionen US-Dollar gemacht und enden ihn so wie er endet. Die Leute gehen aus dem Kinosaal, diskutieren und denken darüber nach. Im Vergleich zu teuren Blockbuster-Produktionen aus Hollywood, wo vor der Veröffentlichung sogar das Zuschauerverhalten getestet wird, ist der Spaß unseres Films zu provozieren und nicht nur die Geschichte zu beenden, sondern neue Fragen zu stellen. An der grundsätzlichen Thematik sind die Leute auch persönlich interessiert. Vor fünfundsiebzig Jahren gab es beispielsweise sehr viel Böses. Die Leute haben nach dem Tod Hitlers gelechzt. Heutzutage gibt es immer noch viel Böses, bloß kann man es nicht mehr eindeutig personalisieren: Terrorismus, Aktienmärkte, Bankindustrie oder die Kirche. Wenn man die schrecklichen Dinge keinem anhängen kann, wendet man sich der Religion zu und schiebt es an den Teufel ab. Ich fühlte deshalb einfach, dass es an der Zeit war, dieses Thema in einem Film anzusprechen. Und die nackten Zahlen lügen ja auch nicht: Zwanzig Millionen Kinobesucher in den USA in der ersten Woche sprechen Bände, das sind mehr als beim letzten Tom Cruise-Film! Wenn zudem auch noch der Cast und Regisseur unbekannt sind, zeigt das, dass die Leute vor allem wegen der Thematik ins Kino gehen.

Sie hingegen sind seit „Inglourious Basterds“ auch in Deutschland bekannt. Ruft man Sie auf der Straße den „Bärenjuden“?

Eli Roth: Ja, die ganze Zeit! Die aktuellen Interviewtermine sind für mich das erste Mal seit dem Filmdreh von „Inglourious Basterds“, dass ich wieder zurück in Berlin bin. Davor riefen sie „Hostel, Hostel“, und jetzt ist es immer „Oh, der Bärenjude, wow!“. Man fühlt sich wie ein Held – es ist auch sicherlich sehr cool, den Mann zu treffen, der Hitler ins Gesicht geschossen hat! Beim Dreh zu „Inglourious Basterds“ hatte sich auch jeder unglaublich auf diese Szene gefreut. Endlich konnte man die Dreckskerle Goebbels und Hitler platt machen!

Ist eigentlich der im Internet kursierende Mythos wahr, dass Sie im echten Leben kein Blut sehen können?

Eli Roth: Es ist nicht so, dass ich Blut gar nicht sehen kann, aber auf jeden Fall tue ich das nicht gerne. Ich mag diese Kehrseite des Lebens nicht, habe mich aber daran gewöhnt. Gewaltszenen in Filmen sind für mich wie Gemälde oder Fotos – sie sind nicht echt, sie repräsentieren lediglich Gewalt. Reale Gewalt kann ich mir nur schwerlich ansehen. Da geht es mir wie den meisten Menschen.

Horror-Mockumentary:

„Der Letzte Exorzismus“
(USA/Deutschland, 2010)
Regie: Daniel Stamm
Produktion: Eli Roth
Drehbuch: Huck Botko, Andrew Gurland
mit: Patrick Fabian, Ashley Bell, Caleb Jones u.a.

seit 30. September 2010 im Kino

www.derletzteexorzismus.de

(erschienen auf: BRASH.de, 1. Oktober 2010)

„Die verrücktesten Ideen für ‚Jackass‘ wurden noch immer gedreht“: Johnny Knoxville und Jeff Tremaine im Interview

Fremdschmerz und kein Ende: Auch im dritten Kino-Teil aus dem Hause „Jackass“ bleibt alles beim Alten. Trotz 3D. Protokoll eines Gruppeninterviews.

Die gute Nachricht aus dem Jackass-Franchise ist auch die schlechte: Es hat sich absolut nichts geändert. Das simple Erfolgsrezept, mit dem Johnny Knoxville und seine ach so durchgeknallten Freunde 2001 erst das Format Reality-TV auf eine neue Ebene hievten und damit MTV von einem Musik- in einen Showsender mitüberführten, wurde über die Filme „Jackass – The Movie“ (2002) und „Jackass 2“ (2006) bis hin zum neuen „Jackass 3D“ geschleppt: Fremdscham, Fremdschmerz, Fremdekel, Freakshow. Profiskater, Stuntmen und Schauspieler zünden ihre Furzluft an, trinken den Schweiß des übergewichtigen Kollegen, bauen einen menschlichen Kotvulkan in eine Modelleisenbahnlandschaft, lassen ein Schwein einen Apfel aus dem Hintern eben jenes dicken Kollegen naschen, kotzen um die Wette oder treten sich zwischen die Beine. Sie spielen die kleinen anarchischen Jungs, vielleicht sind sie es auch trotz ihres sichtbaren Alters tatsächlich. Lustig ist das leider manchmal immer noch.

Dem öffentlichen Interesse tun diese nichtvorhandenen Neuigkeiten keinen Abbruch: Zur Deutschland-Premiere von „Jackass 3D“ ließen Johnny Knoxville und Regisseur Jeff Tremaine zu Gesprächen laden – mit jeweils zehn Journalisten innerhalb von 20 Minuten Massenabfertigung. Protokoll einer Pressekonferenz.

Homoerotischer Fäkalhumor als Erfolgsrezept: Johnny Knoxville, Bam Margera und Jeff Tremaine bei der Premiere von "Jackass 3D" in Berlin


Mr. Knoxville, Mr. Tremaine, Sie sind heute den ganzen Tag in Berlin unterwegs – schon Spots für neue Stunts entdeckt?

Jeff Tremaine: Wir waren heute Morgen im Verlagshaus einer großen Zeitung, da gab es diese Aufzüge ohne Türen, die nicht stoppen. Da macht sich so ein Fahrgast ganz schön verletzlich! (grinst)

Johnny Knoxville: In diesen Teilen können dir viiiiele schlechte Dinge passieren.

Sind Sie angstfrei?

Knoxville: Nein, ich bekomme schon Angst. Ein kleiner Mann in mir sagt: „Hahaha! Lache!“ In allen Drehs habe ich Angst, blende sie aber aus, in dem ich an das lustige Videomaterial denke, was dabei herauskommen wird.

Tremaine: Ich kann Ihnen sagen: All diese Typen bekommen es regelmäßig mit der Angst zu tun, das sehe ich denen immer wieder an!

Knoxville: Wir sind die am wenigsten machohaften Stuntmen der Welt. Wir haben nicht mal Angst, zu weinen!

(zwei gezapfte Biere werden den Herren an den Tisch gebracht)

Haben Sie gelernt, den Schmerzreflex zu umgehen?

Einer geht noch: Johnny Knoxville bei der Berliner Premierenfeier zu "Jackass 3D" (Zoom durch Klick)

Knoxville: Sie meinen dem Kampfinstinkt? Wenn der behornte Bulle auf dich zugerannt kommt? Der Performer in mir will wegrennen, aber der Produzent in mir sagt, dass ich besser still stehen bleibe.

Es muss einen Moment in Ihrem Leben gegeben haben, an dem Sie mit dem Training dafür begonnen haben.

Knoxville: Es gibt kein Training, es gibt nur den Gedanken: „Du willst Videomaterial? Bleib stehen. Du willst keines? Renn!“

In welchen Situationen klinken Sie sich aus?

Knoxville: Wir sind neun Typen. Wenn einer eine Aktion nicht durchziehen will, wird sich ein anderer finden. Für gewöhnlich bin ich der Typ für…

Nein, alltägliche Situationen, in denen Sie den Schwanz einziehen.

Knoxville (überlegt): Ich weiß nicht. In der Regel halte ich mich nirgends gerade zurück.

Tremaine: Ich kann mich zumindest an kein Beispiel erinnern.

(die Biergläser sind leer)

Gibt es Dinge, die Sie niemals tun würden?

Knoxville: Da gibt es tonnenweise Dinge, klar. Zum Beispiel…Ähm… (Gelächter) Was wir im Team versuchen, ist: Wir wollen wie die größten Trottel von allen aussehen.

Tremaine: Der Spirit bei allem was wir tun ist uns sehr wichtig. Je lächerlicher etwas ist, desto positiver ist es auch für uns.

Knoxville: Positiv dumm!

Tremaine: Ja, der Erfolg von „Jackass“ rührt daher, dass die Leute positiv darauf reagieren, nicht negativ. Sie lachen.

Gibt es Aktionen, die Sie mit „Jackass“ schon immer einmal tun wollten, aber bisher nie taten?

Knoxville: Nein. Wenn wir etwas drehen wollen, gehen wir raus und drehen es auf der Stelle. Für diesen Film nun hatten wir so viele Stücke geschrieben, dass uns die Zeit ausging. Wäre aber etwas richtig Großes liegengeblieben, hätte ich die Hölle aus Jeff rausgeprügelt, bis wir es drehen.

Tremaine: Wir schrieben noch nie eine Idee, die wir nicht auch gedreht hätten, solange sie greifbar gewesen ist. Das heißt aber auch, dass noch keine Idee so verrückt war, dass niemand von uns sie machen würde. Die verrücktesten Ideen werden immer gedreht.

Was Sie in diesem Bild nicht sehen: Wo Knoxville landen will, da fließt kein Wasser (Zoom durch Klick)

Wo kommen all diese Ideen nach all diesen Jahren noch her?

Knoxville: Ich weiß es nicht. Für diesen Film schrieben wir mehr Ideen, sie kamen einfacher als jemals zuvor. Ich fragte mich nie, was wir jetzt tun sollten. Wir taten einfach, und das ist das Ergebnis. Keine Ahnung.

Tremaine: Wenn etwas lustig ist, dann ist es das meist auf Anhieb und wird nicht durch zahllose Takes besser.

Knoxville: Aber selbst wenn etwas auf Papier nicht für jeden zwingend lustig ist – durch all die verschiedenen Charaktere gewinnt alles ein Eigenleben und entwickelt sich. An einem Drehtag regnete es in einer Tour, obwohl wir eigentlich draußen drehen wollten. „Was machen wir stattdesssen?“ fragten wir uns – und klebten im nächsten Moment sechs Menschen mit Superkleber am Tisch und sich selbst fest. Das war die Idee, und jede Persönlichkeit trug zur weiteren Entwicklung bei. Wir sind in der wirklich glücklichen Lage, dass…

Tremaine: Es zeigte sich auch, dass die Ideen, die sich am Ende am besten umsetzen ließen, diejenigen sind, die auf dem Papier am Schwierigsten erschienen. Zum Beispiel „High Five“, die übergroße Hand, die wir durch die Tür kommenden Kollegen vor die Schnauze knallten. Das funktionierte wunderbar, damit hatten wir nie gerechnet, das ist für mich der beste Teil des Films.

Gerieten Sie jemals in ernsthafte moralische Probleme mit, sagen wir, religiösen Gruppen?

Knoxville: Chris Pontius bekam mal Ärger mit einem gläubigen Christen, als er für eine Fernsehshow als Teufel verkleidet durch LA lief und ein Schild mit der Aufschrift „Keep God out of Los Angeles“ vor sich her trug. Da lief dieser Kerl auf ihn zu, zerbrach sein Schild und fing an, ihn zu schlagen.

Würden Sie „Jackass“ homoerotisch nennen?

Beide: Yeeah! Sehr homoerotisch! Wir sitzen auf einem Regenbogen!

„Jackass 3D“ ist der dritte „Jackass“-Film in acht Jahren – mussten die Jungs aus Ihrem Team überzeugt werden, schon wieder bei dem gleichen Quatsch mitzumachen?

Knoxville: Nein, von Anfang an hätte niemand glücklicher sein können über die Tatsache, dass wir einen neuen Film machen. Alle waren sofort dabei.

Keiner war müde davon?

Knoxville: Nein, wir lieben es! Wir lieben es wirklich, auch wenn da natürlich Dinge wie, nun ja, Gefahren mit einhergehen.

Tremaine: Es dauert eh mindestens vier Jahre, sich physisch von einem Dreh zu erholen. Es scheint uns also allen ein guter Rhythmus, alle vier Jahre einen neuen Film zu machen.

Knoxville: Ich bin wiederhergestellt!

Wieviele gebrochene Nasen und Knochen trugen Sie davon?

Knoxville: Eine Menge. Ich habe meinen Geruchssinn verloren, so oft brach ich mir schon die Nase. Was gut ist, wenn du den ganzen Tag neben Jeff sitzen musst.

Und was war die schlimmste Verletzung von allen während dieses Drehs?

Knoxville: Da gibt es viele Verletzungen während des Films, aber die schlimmste passierte vermutlich Loomis. Es gibt diese Szene, wo er vom Trampolin aus mit einem Regenschirm in die Turbinendruckluft eines Kampfjets springt. Er segelte förmlich Richtung Boden zurück und brach sich seine Schulter an drei verschiedenen Stellen und musste seine Hand operieren lassen. Wir ließen ihn bis dahin nie Stunts machen, weil wir ihn nicht verletzen wollten. Das peitschte ihn umso mehr an, endlich einmal einen Stunt zu machen. Einmal ließen wir ihn, dann rannte er zu Jeff und bettelte förmlich, den Stunt nochmal machen zu dürfen. Er durfte ja vorher nie und fühlte sich nicht wertgeschätzt. Das hat er nun davon.

Die einzige Neuheit in "Jackass 3D": Menschliche Windbeutel

Stand jemals die Idee im Raum, eine Frau ins Team zu holen?

Knoxville: Nun, Bam’s Mutter ist eine Frau. Sie ist im Team, ganz groß sogar.

Tremaine: Wir zogen noch nie aus, um jemanden zu casten. Das passiert alles sehr natürlich. Und hat sich bisher nie ergeben, bisher war einfach nie eine dabei. Aber nicht, weil wir nicht wollten.

Können Sie sich vorstellen, an einen Punkt in Ihrem Leben zu kommen, an dem Sie zu alt für dieses Spiel sind?

Knoxville: Alles, was ich für „Jackass“ tun muss, ist, auf einer Stelle stehen zu bleiben. Dafür braucht es keine Koordination, das kannst du in jedem Alter. Stehen bleiben und den Bullen dich umrennen lassen.

Tremaine: Die meisten unserer Aktion bedürfen keiner besonderen Fähigkeiten. Es verlangt nur die Blödheit, sich da hin zu stellen und die anderen machen zu lassen.

Die Heilung dauert länger.

Knoxville: Ja, aber wir sind neun Typen! Wenn einer verletzt ist, wird der nächste reingebracht.

Sie werden also auch in 20 Jahren noch neun Freunde sein, die sich vor der Kamera wehtun.

Knoxville: Solange es noch witzig ist!

Mehr Glück als Verstand? Johnny Knoxville, eine Sekunde vor einer Rippenprellung

Eine Frage, die sich bei „Jackass“ immer wieder stellt: Wie viel ist echt, wie viel ist Fake?

Knoxville: Außer der Anfangs- und Endsequenz des Films ist alles hundertprozentig echt. Nichts pisst mich mehr an als ein Video im Internet, das ich erst unglaublich finde und dann erfahre, dass es gefälscht ist. So denken wir alle.

Die Gorillaszene hat Familie Margera also wirklich überrascht?

Knoxville: Phil, Bam’s Vater, hat sich vor Angst wörtlich in die Hosen geschissen. „Wo ist Phil?“ „Der scheisst sich gerade voll!“

Tremaine: Aprils Reaktion ist der Wahnsinn. Als ich es zum ersten Mal sah, dachte ich auch an einen Fake. Ich fragte sie danach, ob sie wirklich glaubte, dass das ein echter Gorilla in ihrem Hotelzimmer ist und nicht Chris Pontius in einem Kostüm. Sie sagte: „Natürlich hielt ich ihn für echt, Ihr Typen habt uns schon mal einen echten Alligator ins Haus gesetzt!“

Knoxville: Wissen Sie, was noch nach Fake aussieht aber nicht ist? Als Dave England auf das Dixie-Klo geht, sich vorm dortigen Spiegel seine Haare macht und dann unsere blaue Farbbombe explodiert. Wir heulten vor Lachen. Es sah so aus, als hätte er alles gehabt, damit es urkomisch aussieht. Er ist unser Profi-Scheisser. Niemand außer ihm kann Poo auf Kommando produzieren.

PR-Managerin: Letzte Frage!

Welche physischen Voraussetzungen braucht es, um ein Stuntman wie Sie zu werden?

Knoxville: Körperliche Voraussetzungen gibt es wenige, wenn Sie mich fragen. Du musst nur den Mut haben, da zu stehen.

Ist das Mut?

Knoxville: Mut, oder… Sie wissen schon…magisches Denken, Dummheit… nennen Sie es, wie Sie wollen!

Tremaine: Was das alles ausmacht: Wir haben da neun wirklich sehr verschiedene Persönlichkeiten und haben über die Jahre gelernt, uns die zum Vorteil zu machen. Ich kenne die Stärken der Leute. Bam ist ein Profiskateboarder, also schreiben wir hin und wieder eine Szene für ihn. Du Johnny lässt Dir gerne in die Eier treten oder bist dumm genug stehen zu bleiben, also machen wir auch das mit schöner Regelmäßigkeit.

Haben Ihre Kinder Ihre Filme gesehen?

PR-Managerin: Nein, keine Frage mehr, sorry! Aber wenn jemand Fotos machen möchte, dann bitte jetzt.

Knoxville (steht auf): Ja, meine Tochter hat „Jackass 3“ gesehen. Aber sie saß dabei neben mir und ich sorgte dafür, dass sie an manchen Stellen die Augen und Ohren zu hielt.

Fremdschmerz-Evergreen:

„Jackass 3D“
(USA, 2010)
Regie: Jeff Tremaine
Produzent: Jeff Tremaine, Spike Jonze, Johnny Knoxville
mit: Johnny Knoxville, Bam Margera, Steve-O, Jason „Wee Man“ Acuna, Chris Pontius, Ryann Dunn, Preston Lacy, Dave England, Ehren McGhehey u.a. (und als Gäste u.a. Weezer, Will Oldham, Tony Hawk, Sean William Scott)

seit 28. Oktober 2010 im Kino

www.jackass3d.de

(erschienen bei: BRASH.de, 29. Oktober 2010)

Wenn der Gavin mit den Streichern

Mit „7th Symphony“ veröffentlicht die finnische Cello-Rockband Apocalyptica ihr siebtes Album – und schlägt gewohnt versiert die Brücke zwischen Gothic-Nische und Mainstream-Metal

Gavin Rossdale ist zurück. Nach zweieinhalbfacher Babypause, Hollywoodausflügen, einem Soloalbum und anhaltendem Celebrity-Dasein als Ehemann von Gwen Stefani kündigt der britische Musiker für den Oktober 2010 ein neues Album seiner in den Neunzigern sehr erfolgreichen und 2002 verschiedenen Grungerock-Band Bush an. Aber darum soll es an dieser Stelle noch nicht gehen. Als Warm-Up nämlich tritt Rossdale auf einer ganz anderen musikalischen Baustelle in Erscheinung: Auf „7th Symphony“, dem siebten Album der finnischen selbsternannten Cello-Rocker Apocalyptica, verleiht Rossdale als Gastsänger der Single „End Of Me“ seine Stimme.

Wer Apocalyptica sagt, der sagt erstmal beziehungsweise immer noch auch Metal und Metallica. Ein Blick zurück: Im Jahre 1996 gründen die klassische ausgebildeten Metal-Fans Eicca Toppinen, Paavo Lötjönen, Max Lilja und Antero Manninen in Helsinki eine Band, mit der sie ausschließlich auf Violoncelli Songs ihrer Lieblingsband Metallica covern wollen. Düster muss es klingen, apokalyptisch, der Name ist also schnell gefunden. Das Ergebniserscheint noch im selben Jahr, heißt „Apocalyptica Plays Metallica By Four Cellos“ und findet gerade wegen seines originären Ansatzes auch außerhalb der Szene großen Zuspruch. Es folgen Besetzungswechsel und Alben, auf denen sie unter anderem Stücke von Slayer, Sepultura oder Faith No More neu inszenieren und vermehrt eigene Songs aufnehmen.


Ihre folgenden Veröffentlichungen und Kollaborationen geraten gerade in Deutschland so grenzwertig wie erfolgreich: Apocalyptica arbeiten mit den Guano Apes, Nina Hagen, Rammstein oder Joachim Witt zusammen. Zu dieser Zeit, zur Jahrtausendwende, ist Crossover als Genre-Bastard in der Rockmusik zwar schon seit einer halben Dekade durch, ihre Alben „Cult“, „Reflections“, „Apocalyptica“ und „Worlds Collide“ schaffen es aber allesamt in die TOP 30 der deutschen Charts, „Apocalyptica“ sogar auf Platz 5. Das haben vor Ihnen nur HIM und The Rasmus geschafft.

„7th Symphony“, ihr neues Album, schlägt folgerichtig einmal mehr die Brücke zwischen Szene und Masse. In der äußeren Ästhetik bedienen sich Apocalyptica weiterhin ihrem Gothic-Image aus schwarzen Klamotten, Kajalstift und Metalrelikten im Schriftzug. Ihre damalige Zugänglichkeit aber – ein „Nothing Else Matters“ bekommt man mit Celli nicht kaputt – haben sie sukzessive über Bord geworfen und an Härte zugelegt. Kein Wunder, wenn sich neben Gavin Rossdale als andere illustre Gäste der legendäre und bei Apocalyptica schon öfter in Erscheinung getretene Slayer-Drummer Dave Lombardo oder Brent Smith von der gerade in den USA angesagten Alternative-Rock-Band Shinedown ins Zeug legen. Genau diese Songs mit Gastsängern aber – vom eher peinlichen „Broken Pieces“ mit Lacey von Flyleaf abgesehen – gehen als solide Mainstreamrocknummern durch, der Rest will Metal sein und ist es mehr als damals – Double-Bass und Gitarren-, pardon, Celli-Soli inklusive. Unterm Lidstrich bleibt zu sagen: Die Fans der zweiten Stunde werden anhand von „7th Symphony“ keine Enttäuschung erleben. Selbiges wird man, so lässt zumindest die Vorabsingle „Afterlife“ erahnen, auch bestenfalls über das Comeback-Album von Bush um Gavin Rossdale sagen können. Aber das ist ja eine andere Baustelle.

Cellometalrock:
Apocalyptica – „7th Symphony“ (Columbia/Sony), 20. August 2010.

www.apocalyptica.com

(erschienen auf: BRASH.de, 20. August 2010)

“Bon Jovi waren die Coolsten”

Dashboard Confessional sind die Grateful Dead des neuen Jahrtausends: Als erste Band ohne Charterfolge trat die US-amerikanische Emopop-Band 2002 in der legendären MTV Unplugged-Serie auf und versammeln auf ihren Konzerten seitdem Pilger, keine Fans. Wir sprachen mit dem 35-jährigen Sänger und Songschreiber Chris Carrabba über Pin-Up-Boys, seine Kollaboration mit Eva Briegel von Juli und Bon Jovis Publikum.

Herr Carrabba, in der Vergangenheit galten Sie nicht nur als veritabler Songwriter, sondern vor allem als Pin-Up-Boy spätpubertierender Emo-Mädchen. Wie lebt es sich mit diesem Image?

Chris Carrabba: Es tut nicht weh! So ein Image ist zwar nicht das, worauf ich in meiner Musikkarriere am stolzesten wäre. Aber es öffnet mir Türen.

Und füllt Konzertsäle. Funktionieren in den USA all Ihre Shows so messianisch wie Ihr MTV Unplugged-Konzert 2002? Eine derart mitsingende Jüngerschaft kennt man in Deutschland so kaum.

Chris Carrabba: Lustig, dass Sie das sagen. Unsere europäischen Shows laufen nämlich genauso ab. Vielleicht deshalb, weil die Fans US-Shows von mir im Netz, auf DVD oder eben auf MTV gesehen haben. Und für unsere Shows in den Staaten ist das allemal typisch.

Wie erklären Sie sich die Faszination, die Ihrer Musik gerade von jungen Menschen entgegen gebracht wird? Sie liefern ja regelmäßig kleine Hymnen zur Adoleszenz ab.

Chris Carrabba: Die kann ich mir nicht erklären. Ich fange an darüber nachzudenken und ärgere mich schnell, weil ich zumindest verstehe, dass es vergänglich ist. Deshalb denke ich nicht weiter darüber nach. Früher oder später wird dieser Ruhm unvermeidlich vorbei sein.

Zehn Jahre hält dieser Erfolg schon an. Spüren Sie schon beim Songschreiben eine große Verantwortung, weil Sie wissen, dass die Fans wieder jede Zeile mitsingen werden?

Chris Carrabba: Es wäre gefährlich, darüber nachzudenken, während ich schreibe. Ich kann nicht vorhersagen, was die Leute mögen werden und was nicht. Gut so, weil ich mich sonst an den Erwartungen entlang hangeln und nichts Neues versuchen würde. ich weiß nicht, welches Puzzleteil welche Reaktion hervorruft.

Sie wissen nicht, warum die Leute es mögen. Aber denken Sie darüber nach, ob sie es mögen werden?

Chris Carrabba: Nicht beim Schreibprozess, aber bei den Aufnahmen. Beim Schreiben erlaube ich mir eine Art willentliche Aussetzung der Ungläubigkeit. Ich isoliere mich. Bei den Aufnahmen habe ich die Verantwortung für jeden, der dabei ist. Beim Schreiben kann ich anonym sein und nur die Frage berücksichtigen: Mag ich es selbst? Hat das Qualität? Später machst du die Platte und fängst an dich zu fragen: Wird das funktionieren? Ich glaube aber, es ist ganz normal, sich während des Schreibens zu fragen, was man da gerade macht. Jeder Songwriter wünscht sich doch, dass sein Song irgendjemanden auf der Welt findet, der ihn umarmt.

Umarmen ist ein gutes Stichwort. Sie sind ein Erzähler, der es versteht, allgegenwärtige Gefühle und eigene Erlebnisse in ein „Wir-Gefühl“ zu packen. Sie mögen die erste Person Plural.

Chris Carrabba: Interessant, so habe ich das noch nie gesehen. Ja, mir fallen spontan Momente ein, wo ich „wir“ singe, zum Beispiel in „Everbody Learns From Disaster“: „We went rolling up the coast…“

Plus: Der Titel ist so allgemein gehalten, dem muss jeder in irgendeiner Art und Weise zustimmen.

Chris Carrabba: Ich erzähle in erster Linie eine Geschichte, die mir etwas bedeutet. Bleiben wir bei dem Song: Da ging es nicht um einen Einzelfall, aber um etwas, das ich immer wieder erfuhr. Mit drei Mädchen und zwei Jungs auf einem Trip. Das könnte es sein.

Ihr neues Album „Alter The Ending“ beginnt mit „Get Me Right“, einem Song, der mit Ihrem Powerpop herrlich wenig zu tun hat. Und er klingt nach einer Band. Herr Leffler, Sie machen seit acht Jahren mit Chris Carrabba Musik. Warum brauchen Songwriter eine Band?

John Leffler: Wegen der Abwechslung. Wir brauchen uns gegenseitig. Es gibt Shows nur mit Chris, welche mit uns beiden, andere mit kompletter Band. Und als Band sind wir in den vergangenen acht gemeinsamen Jahren zusammengewachsen. Das hört man unseren Platten hoffentlich auch an.

Herr Carrabba, Sie geben den Ton trotzdem alleine an, oder?

Chris Carrabba: Es war so. Ich war nie Dirigent, hatte aber größeren Einfluss. Es lief den ganz normalen Weg: Anfangs spielten die Jungs nur hier und da mit, eben bei Songs, die mehr Instrumentierung benötigten. Zu der Zeit spielten sie das, was ich auf der Platte spielen wollte. Obwohl jeder Musiker einen anderen Instinkt hat, spielten sie es, wie ich es spielte. Bei der nächsten Platte hatte ich alle Songs geschrieben, bevor ich die Band einlud, ich hatte also schon eine Meinung über die Songs und wie sie sein sollten. Nur selten fragte ich später noch, wie es ihrer Meinung nach klingen sollte. Dann kam „Dusk And Summer“ und „The Shade Of Poison Trees“, und heute erzähle ich ihnen nur noch die Geschichte in meinem Kopf und frage: „Wie würdet Ihr das interpretieren?“

Trotzdem behaupten nicht Wenige, Dashboard Confessional schrieben die immergleichen Songs.

Chris Carrabba: Sie sagen, dass jedes Album wie das andere klingt?

Zumindest 90 Prozent der neuen Sachen klingen wie schon mal gehört. Liegen neuen Alben auch neue Ansätze zugrunde?

Chris Carrabba: Ich versuche jedes Album komplett anders als das vorige zu gestalten. Mein Stil bleibt natürlich gleich, die Kritik ist also vermutlich vollkommen berechtigt.

Was muss denn ein Song denn haben, um ein guter Dashboard Confessional-Song zu sein?

Chris Carrabba: Es geht mehr um ein Gefühl, nicht um einen Baustein. Ich weiß nicht was ein Song braucht, ich merke lediglich, wenn einem Song etwas fehlt. Wenn ich also Glück habe, merke ich, wenn etwas nicht funktioniert und nehme es nicht auf das Album.

Als Kontrollfunktion haben Sie auch die Bandmitglieder.

Chris Carrabba: Ja, und für gewöhnlich sehe ich schon an ihrer Reaktion, wenn sie die Demos hören, wie sie meine Ideen finden.

Seit MTV Unplugged sind Sie auch kommerziell erfolgreich, ohne jemals ganz oben in den Charts mitgemischt zu haben. Werden Sie in den USA oft im Radio gespielt?

Chris Carrabba: Nicht oft, nein. Unsere Fanbase rekrutiert sich eher durch Touren, durch Konzerte, durch Mund-zu-Mund-Propaganda.

Und wenn Sie doch einen Song von sich im Radio hören machen Sie was?

John Leffler: Aufdrehen!
Chris Carrabba: Ja, aufdrehen. Es passiert so selten, dass wir uns immer noch freuen, wenn wir uns hören. Wir fahren ja sonst nicht durch die Gegend und hören uns unser Album an. Ich höre unsere Platten beim mixen und mastern, danach in der Regel nicht wieder, nur zufällig.

Zur Jahrtausendwende brachten Sie ein Album und eine EP mit der christlichen Emocore-Band Further Seems Forever raus, seit zehn Jahren sind Sie als Dashboard Confessional unterwegs. Haben Sie schon einmal daran gedacht, etwas komplett Neues zu beginnen?

Chris Carrabba: Ja, schon. Ich frage mich nur, wann ich mich in diese Richtung gezogen fühle. Ich sehe etwas kommen, aber ich weiß noch nicht was es ist.

Das klingt, als blieben uns Dashboard Confessional noch eine Weile erhalten.

John Leffler: Und das klingt, als könnten Sie unser Ende nicht abwarten!

Nein, es ist nur nicht jedermanns Sache, etwas zehn Jahre am Stück zu tun.

Chris Carrabba: Mit Dashboard Confessional ist das auch mein erstes Mal, und wenn ich sage, dass ich mir noch zehn weitere Jahre vorstellen kann, dann, weil die letzten zehn Jahre so schnell vorbeigingen. Hättest du mir damals gesagt, dass ich das für zehn Jahre machen werde, wäre mir das wie ein ganzes musikalisches Leben vorgekommen. In der Musikindustrie macht niemand etwas zehn Jahre lang! Ich beeile mich nicht, das hier zu beenden. Früher oder später aber werden wir alle was Neues finden.

Zu Deutschland haben Sie eine besondere Verbindung: 2007 nahmen Sie Ihren Song „Stolen“ zusammen mit Eva Briegel von Juli auf. Wie konnte das denn passieren?

Chris Carrabba: Das war cool. Wir haben ein paar gemeinsame Freunde. Sie gaben uns Julis Album und umgekehrt. Eine ungeheuer kraftvolle Band. So kamen wir in Kontakt und sprachen immer öfter darüber, mal was gemeinsam zu machen.

Wer war dieser Freund?

Chris Carrabba: Ein US-Musiker, den Sie wahrscheinlich nicht kennen werden. Er heißt Kevin Devine.

Der New Yorker Songwriter, der hier in Deutschland im Winter sein fünftes Soloalbum veröffentlichte. Und dann haben Sie sich also Julis Album angehört.

Chris Carrabba: Ja, und obwohl ich anfangs kein einziges Wort verstand, hat es mich gleich gefesselt. Eigentlich sind es die Texte, die mich bei Musik in ihren Bann ziehen. Dort aber packten mich schon die Songs allein.

Und als Sie dann das Duett mit Eva Briegel aufgenommen hatten: Mochten Sie es?

Chris Carrabba: Ja!

Es spielte für Sie also nie eine Rolle, wer diese Band ist oder wie sie in Deutschland wahrgenommen wird?

Chris Carrabba: Ich wusste es nicht und weiß es immer noch nicht. Sie waren hier sehr bekannt, richtig?

Ja. Sie waren es und sind es immer noch und feiern als Gitarrenpop-Band große Charterfolge. Bei einem Publikum, das eher Indie und Alternative hört – also das Publikum, das Sie mal erreichten – haben Juli einen schwierigeren Stand.

Chris Carrabba: Vielleicht hatte ich also glücklicherweise davon keinen Schimmer?

Juli gehörten immerhin zu den ersten Bands, die auf Deutsch sangen und damit kommerziell sehr erfolgreich wurden.

Chris Carrabba: Und heute singen viele Bands deutsch?

Heute tut das jeder, aber vor zehn oder 15 Jahren war das noch die Ausnahme.

Chris Carrabba: Warum sollten Musiker nicht in ihrer Muttersprache singen?

Oft versteckt man sich hinter der englischen Sprache. Wenn du deutsch singst, ist es viel schwieriger, die richtigen Worte zu finden, weil es viel schneller kitschig klingt. Der Texter kann sich hinter der englischen Sprache leichter verstecken, der Hörer überhört vieles, was er auf Deutsch als seiner Muttersprache unmittelbarer wahrnehmen würde.

Chris Carrabba: Hm. (Schweigen.)

Dieses Jahr spielen Sie im Vorprogramm von Bon Jovi.

Chris Carrabba: Ja, diesen Monat. Bis jetzt nur in den USA.

Wurden Sie von der Band eingeladen?

Chris Carrabba: Ja.

Ein größeres Publikum kann man kaum erreichen.

Chris Carrabba: Vor allem erreichen wir ein anderes Publikum. Groß, weil es Bon Jovi ist, vor allem aber anders als unseres. Wir haben Respekt vor einer Band, die etwas so lange tut und das so gut, dass wir gespannt sind, was wir von ihnen lernen können auf der Bühne.

Wie groß werden die Spielstätten sein?

Chris Carrabba: 20-30000 Gäste werden schon passen.

Hier in Deutschland kennt man Bon Jovi vor allem als Rockband, die in den frühen Neunzigern noch einen Namen hatte.

Chris Carrabba: Und sie verschwanden nie. Sie veränderten sich und erreichen heute sogar ein modernes Country-Publikum.

Und wir haben die Scorpions.

Chris Carrabba: Sind die nicht in Rente?

Nein, die feiern gerade Ihr letztes Comeback mit einem neuen Album. Und hier versteht niemand, warum diese Band in den USA so erfolgreich ist.

Chris Carrabba: Mit den Scorpions aber verbindet jeder nur die europäischen Achtziger, oder? Bon jovi hingegen blieben relevant.

Blieben sie? Als coole Rockband gelten sie doch seit den Achtzigern nicht mehr.

Chris Carrabba: Sie waren mit Abstand die coolsten!

Und was man heute von Bon Jovi so im Radio hört, klingt wie ein lauwarmer Aufguss, ein misslungener Spagat. Es ist für eine Band natürlich trotzdem schwer auszuschlagen, vor einem so großen Publikum zu spielen.

Chris Carrabba: Und ich verrate Ihnen noch was: Sie haben ein verdammt großes Publikum, falls wir darüber noch nicht sprachen.

Ihre jetzige Minitour ist kleiner. Heute spielen Sie im Roten Salon, vorgestern verkauften Sie eine kleine Show in Mailand.

Chris Carrabba: Ja, innerhalb von drei Wochen. 250 passten rein, 500 Fans waren da.

Ihre Platte ist dort ebenfalls noch nicht erschienen.

Chris Carrabba: Nein, und wir hatten noch nie eine Veröffentlichung in Italien. „Alter The Ending“ wird die erste.

Viel Erfolg dort!

Chris Carrabba: Danke, ich bin gespannt!

Songwriter-Pop:
Dashboard Confessional – „Alter The Ending“ (Geffen/Universal), 2. April 2010.

www.dashboardconfessional.com

(erschienen auf: BRASH.de, 9. April 2010)

Der Hölle so nah

Im Kinojahr 2010 führt an Hollywood-Liebling George Clooney kein Weg vorbei. Im März lief „Men Who Stare At Goats“ in den deutschen Kinos an, im Herbst folgt „The American“. Und für seine Rolle als Vielflieger Ryan Bingham in der satirischen Sozialkomödie „Up In The Air“ wurde Clooney für einen Oscar als bester Hauptdarsteller nominiert. Sein Dank dafür müsste vor allen Dingen Regisseur Jason Reitman gelten.

Ryan Bingham ist ein sympathisches Arschloch. „To know me is to fly with me“, „Mich zu kennen bedeutet mit mir fliegen“, stellt er gleich zu Anfang fest. Sein Job ist es, im Auftrag großer Arbeitgeber deren Mitarbeitern die Kündigung auszusprechen. Ein krisensicheres Geschäft, möchte man in Zeiten der realen Rezession meinen – bis die aufstrebende Natalie Keener (Anna Kendrick) Binghams Boss überzeugt, durch „Mitarbeiter-Gespräche“ via Internet-Videokonferenz auch in der eigenen Firma effizienter zu arbeiten.

Bingham, der in tausenden Kündigungsgesprächen anderen ein Leben aufzeigt, das er selbst nicht führt, sieht seine eigene Existenz bedroht. Schließlich hat er außer seinem Ziel, als siebter Mensch die Zehn-Millionen-Flugmeilen-Marke zu durchbrechen und einer Affäre mit Alex (bezaubernd: Vera Farmiga), einer anderen Vielfliegerin, nichts. Aber er fühlt sich ja auch wohl in seiner Haut! Also nimmt er die junge Kollegin Keener mit auf Reisen und beweist ihr, dass nicht alles online zu regeln ist. Ehe er sich versieht, steckt Bingham in tatsächlichen zwischenmenschlichen Beziehungen – und hat allen Übels auch noch eine Einladung zur Hochzeit seiner Schwester auf dem Tisch.

Obwohl in „Up In The Air“ als Einspieler real existierende Menschen zu Wort kommen, die nach einem halben oder ganzen Leben in ihrer Firma gerade gekündigt wurden, ist der Film keine bitterböse Satire, wie Regisseur Jason Reitman sie 2004 im grandiosen Gipfeltreffen der Nikotin-, Alkohol- und Waffen-Lobbyisten „Thank You For Smoking“ auf die Leinwand brachte. „Up In The Air“ ist auch kein Liebesfilm, obwohl sich Bingham im weiteren Verlauf zu der Aussage „Wir alle brauchen einen Co-Piloten“ hinreißen lässt und sich in der beginnenden Beziehung zu Alex Bodenkontakt erhofft. „Up In The Air“ ist beides, und genau darin liegt seine größte Stärke.

Jason Reitman, Sohn von „Ghostbusters“-Regisseur Ivan Reitman, gelang zuletzt mit dem Kritiker- und Publikumsliebling „Juno“ die Gratwanderung zwischen Independent-Film und Mainstream-Kino. Natürlich ist „Up In The Air“ schon wegen George Clooney, den Frauen und dem penetranten Product Placement einer großen Hotelkette letzteres, doch in eben dieser Besetzung offenbart sich wieder Reitmans größte Gabe: Er strickt Geschichten rund im Charaktere, die bestenfalls zweifelshaft sind – und dabei so charmant durchs Leben gehen, dass man ihnen kaum böse sein will. „Who the fuck am I?”, “Wer zur Hölle bin ich schon?”, stellt Bingham zu Beginn ebenfalls selbst fest. Und? Spielte George Clooney mit seinem besten Lächeln den Teufel persönlich, man wäre plötzlich der Hölle so nah. Nun, dank Reitman, ist es der Himmel, und für Clooney vielleicht der zweite Oscar.

„Up In The Air“
(USA, 2009)
Regie: Jason Reitman
mit: George Clooney, Vera Farmiga, Anna Kendrick, Jason Bateman u.a.

(erschienen auf: BRASH.de, 3. Februar 2010)

Gott als Endgegner

Larry Gopnik ist ein bestrafter Mann. Er ist Physikdozent, Familienvater und Jude. Das ist eigentlich nicht schlimm. Aber er ist auch der tragische Hauptcharakter in „A Serious Man“, dem neuen Geniestreich der Gebrüder Coen. Und die spielen niemand Geringeren als Gott gegen Gopnik aus.

Niemand weiß warum, aber Larry Gopnik ist ein bestrafter Mann. Dabei wirkt sein Leben anfangs so normal: Gopnik ist Physikdozent, Familienvater und Jude. Ein koreanischer Student besticht ihn, um rückwirkend nicht durch die Prüfung zu fallen. Zuhause muss die Hausantenne justiert werden, weil sein Sohn sonst seine Lieblingssendung verpasst; seine Tochter spart auf eine Nasen-OP. Larrys Frau indes hat, wie sie ihm beiläufig mitteilt, eine Affäre mit Syd Ableman, dem ach so verständnisvollen Witwer von nebenan – „A Serious Man“, wie Ms. Gopnik findet. Larry findet all das unfair und seine Nachbarin scharf, aber was soll er machen? Mit seinem Bruder, Daueruntermieter und Hobbyforscher Arthur zieht er ins Hotel. Das Eine folgt auf das Andere, Larry Gopniks anstehende Beförderung wackelt plötzlich, auch sein Arzt hat schlechte Nachrichten. Nur: Eigentlich will niemand Larry Böses.

Die grundlegendere Frage in „A Serious Man“, dem neuen Geniestreich der Coen-Brüder, muss nicht lauten, warum Gopnik – glänzend abgeliefert vom bis dato unbekannten Michael Stuhlbarg – Strafe erfährt, sondern: „Von wem?“. Alle Verkettungen und Momente in Gopniks dahinstrudelndem Leben scheinen sich, still und heimlich, in Absurdität übertreffen zu wollen. Typisch Coen. Es scheint aber auch, als gehorchten sie einer höheren Macht. Das beschriebene Unheil nimmt nicht seinen Lauf, nein, vielmehr scheint Gopnik, dieser jüdische Durchschnittsamerikaner wider Willen, von Beginn an darin gefangen.

Das Böse wird man nicht los

Joel und Ethan Coen, dank anderer moderner Klassiker wie „Fargo“, „The Big Lebowski“, „No Country For Old Men“ schon mit Mitte 50 lebende Legenden, sind selbst da groß geworden wo „A Serious Man“ spielt, 1967, irgendwo in einem Vorort von Minneapolis. Dort feierten sie, die heute so großartigen Erzähler, ihre eigene Bar Mitzvah, dort erlebt sie in ihrem Film darüber Larrys Sohnemann Danny – bekifft bis über beide Augen. „A Serious Man“ ist trotzdem keine fiktive Biographie seiner, ja, Schöpfer, es ist auch kein Film über Gott beziehungsweise Haschem, wie die Juden ihn nennen. „A Serious Man“ ist ein Film über dessen Abwesenheit: Wenn Larry Gopnik hilfesuchend von einem Rabbi zum nächsten rennt, weil der Ober-Rabbi angeblich beschäftigt ist, und wenn Larry dann endlich eine Audienz bekommt und der ach so Weise ausholt: „Wenn sich die Wahrheit als Lüge rausstellt und alle Hoffnung stirbt…“ – Gopniks Augen weiten sich ob der da kommenden Moral – und wenn der Rabbi dann selbst nur fragt: „Ja, was dann?“, ja, dann ahnt auch der letzte Atheist, das zumindest sein Leben so schlimm gar nicht ist.

„A Serious Man“ beginnt mit einem Prequel, in dem eine jiddische Hausfrau einen Besucher niederstreckt, weil sie ihn für einen Dämon hält. Der tumbelt fort ins Schtetl, und sie irrt sich: „Gut, dass wir das Böse los sind“. Und so wie in der nächsten Szene Larry Gopnik seinen Studenten das Schrödinger-Paradoxon und die Unschärferelation lehrt, es selbst nicht versteht („Niemand versteht die Unschärferelation!“) und sein Leben doch wie eine Analogie auf die skizzierten Zufallsexperimente mit dem Tod anmutet, so zufällig sehen alle Protagonisten ihrem Schicksal irgendwann doch ins Auge. Und plötzlich dämmert auch eine mögliche komische wie gewichtige Deutung jenes Prequel der Coens und des ganzen großartigen Films: Irgendwas ist da draußen, oben, unten, wo auch immer, und es begleitet dich, ob du willst oder nicht. Vor allem aber: Wer und warum?

„A Serious Man“
Regie: Joel und Ethan Coen
mit: Michael Stuhlbarg, Richard Kind, Fred Melamed, Sari Lennick u.a.
ab 21. Januar 2010 im Kino

(erschienen auf: BRASH.de, 21. Januar 2010)

Nur zur Besuch

Stiller Protest: In seinem wunderbaren Zweitwerk „Ein Sommer in New York“ erzählt Regisseur Tom McCarthy die Geschichte eines verwitweten Professors, der seine Freude am Leben wiederfindet – und von der US-amerikanischen Einwanderungspolitik nach 9/11

Connecticut, USA, ein paar Jahre nach 9/11: Seit dem Tod seiner Frau ist der verdiente Wirtschaftsprofessor Walter Vale (Richard Jenkins) seines Lebens müde. Er stellt die immergleichen Klausuren, ist ein hoffnungsloser Klavierschüler, gibt vor, ein Buch zu schreiben und scheut jeden unnötigen Kontakt. Seine Karriere ist nur noch eine Fassade, hinter der er sich und seine Lethargie zu verstecken sucht – bis er als Co-Autor eines Essays nach New York muss, um einen Vortrag zu halten. In seinem von ihm lange nicht mehr besuchten Appartement überrascht Vale die Einwanderer Tarek aus Syrien (Haaz Sleiman) und Zainab (Danai Gurira) aus Senegal, die dort in seiner Abwesenheit einen Platz gefunden haben. Vale überwindet seine Misanthropie und nimmt die Flüchtlinge bei sich auf. Von diesen Besuchen also, von Tarek und Zainab als Gäste bei Walter Vale und in den USA und vom Besuch Walters in seinem Appartement und bei sich selbst erzählt Tom McCarthys wunderbares Zweitwerk „Ein Sommer in New York – The Visitor“.

Trommeln macht Spaß: Walter Vale (Richard Jenkins) lernt von Tarek (Haaz Sleiman)
Im amerikanischen Original, das in den USA bereits 2007 Premiere feierte, heißt „Ein Sommer in New York – The Visitor“ lediglich „The Visitor“. Dieser schlichte Titel trifft die Essenz dieses auf leisen Sohlen tretenden Sozialdramas besser als der deutsche, weil „The Visitor“ seine Schauplätze andeutet und ohne Fingerzeig funktioniert. Natürlich äußert Regisseur McCarthy, wenn Tarek wegen seiner Hautfarbe in der Metro festgenommen wird und wegen eines fehlenden Visas abgeschoben werden soll, Kritik an der Willkür und Rigorosität der US-Einwanderungspolitik. Aber die Besuchsszenen im Auffanglager in Queens, in denen Tarek gefängnisgleiche Zustände erlebt, gehören mit Abstand zu den lautesten eines sonst so stillen Protestfilms: Die Zeit des Settings wird allein durch ein Schild mit der Aufschrift „Support Our Troops!“, an dem Walter auf dem Weg zum College vorbeifährt, abgesteckt. Wenn der anzugtragende Walter Vale Gefallen am Spiel mit Tareks Djembe findet, spürt der Zuschauer mit jedem Trommelschlag, wie dieser auch dem verwitweten Walter neues Leben einhaucht. Und auch die Annäherung zwischen Walter und Tareks Mutter Mouna (Hiam Abbas), die aus Sorge um ihren Sohn nach New York reist, bleibt eine vorsichtige.

„Ein Sommer in New York – The Visitor“ aber berührt nicht nur als Eingeständnis an die Zweisamkeit und durch seine austarierten Details, sondern durch sein kleines Ensemble: Haaz Sleiman spielte bislang in „24“ oder „American Dreamz“ den Klischee-Terroristen und blüht in seiner Rolle als aufrichtiger Tarek entsprechend auf. Und Richard Jenkins („Burn After Reading“, „Six Feet Under“) wurde für seine Hauptrolle als Walter Vale für einen Oscar nominiert. Gewonnen hat er ihn nicht, aber auch das will zu der Geschichte seines Charakters passen: Soviel Wendung bedarf es eines Lebens gar nicht. Es sind die kleinen Dinge, die einen Unterschied machen. Wenn man sie lässt.

„Ein Sommer in New York – The Visitor“
(Pandastorm Pictures/Central Film)
USA 2007
Regie: Tom McCarthy
mit: Richard Jenkins, Haaz Sleiman, Hiam Abass, Danai Gurira u.a.


(erschienen auf: BRASH.de, 14. Januar 2010)