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Zum ersten Mai

Kottbusser Damm Ecke Sanderstraße, Berlin-Neukölln, 30. April 2010.

Kottbusser Damm Ecke Sanderstraße

Kottbusser Damm Ecke Sanderstraße, Berlin-Neukölln, 30. April 2011.

Überfall im Görli

Gute Räuber, schlechte Räuber: Überfälle gibt es nicht nur im Fernsehen oder in der U-Bahn. Ein Bericht.

Manchmal wäre ich gerne Bruce Willis. Dann wäre mir nicht das passiert, was man immer nur in der Zeitung liest: Ich wurde beraubt. Freitagabend, 21:35 Uhr, im Görlitzer Park in Kreuzberg. Einfach so. Kein Streit, keine Provokation, sogar mit dem Fahrrad war ich unterwegs, zur falschen Zeit am falschen Ort. Oppelner Straße Richtung Wiener. „Ey willst Du uns über den Haufen fahren oder was?“ ranzt dieser kleine Typ mit dem weißen Pulli mich an, der sich mir plötzlich am Tiefpunkt der Theatermulde (wie laut Polizei diese Kuhle heißt) in den Weg pflanzt, so dass ich aus Reflex bremsen muss. Nein will ich nicht, wie auch, Ihr standet ja auch eben noch nicht hier und außerdem ist es stockfinster und ich habe ja gebremst. Denk doch mal mit, Du Trottel. Habe ich gedacht. „Nein, sorry, wollte nur hier durch und hab Euch nicht gesehen“, habe ich gesagt. Und wer ist überhaupt „uns“ bzw. „Ihr“? Ah, jetzt merk ich’s, Du und die drei anderen dunklen Gestalten, die mich umzingeln, einer aus jeder Himmelsrichtung. Juchhuu.

„Was is los, Jungs“, versuche ich den Ball flach zu halten, „geht’s auf ne Party?“ „Jaja, Party“ nuschelt einer. Wohin, verrät er leider nicht. Der Typ hinter mir betatscht meine Hosen- und Jackentaschen, als ob er ein Security wäre. Ich wünschte, er wäre einer. Stattdessen grapscht er sich Portemonnaie und Handy. Ich wehre mich nicht, denke nur bei mir: Och nöö, das muss doch jetzt echt nich sein. „Hast Du noch was anderes?“ fragt er dann, der Längste des düsteren Quartetts mit Migrationshintergrund und greift in meinen Rucksack. „Nein hab ich nich“, antworte ich. Das war gelogen und deshalb gefährlich. Aber wer von großen, umhängenden Kopfhörern nicht folgerichtig auf einen iPod schließt, ist selber Schuld. Pah, Ihr Idioten, noch nicht mal richtig abzocken könnt Ihr! „Hey Jungs, behaltet mein Geld, aber könnt Ihr mir bitte meine Ausweise und Karten wiedergeben?“, bitte ich freundlich verzweifelt, „damit könnt Ihr nichts anfangen und ich habe keine Rennerei“. Ob der Kerl vor mir wiedererwartend mitgedacht oder tief in sich einfach ein Herz so groß wie meine Brieftasche hat, weiß ich nicht. Aber er stimmt mir zu, „warte hier.“ Natürlich, ist ja auch nett mit Euch Bastarden. Wieviel Geld drin war, will er wissen, schreitet zu seinem geistig eher abwesenden Kollegen, fordert das Portemonnaie zurück und bringt es mir wieder. Ohne Geld, ohne EC-, dafür mit Kreditkarte. Ich bedanke mich und verschwinde, ohne meinen neuen Kumpel nach seiner Nummer gefragt zu haben. Aber er hat ja jetzt meine.

(erschienen in: zitty 12/2008)