Pop, Projektionen und Patriarchat: In einem Theaterstück spielt Schauspielerin Sina Martens Teile der eigenen und der ihr übergestülpten Geschichte von Britney Spears nach. Das ist gut und nötig, findet unser Autor.(mehr …)
„Wir waren wohl nie cool genug“: Odeville-Sänger Hauke Horeis im Interview über Charterfolg vs. eigenen Anspruch, gutes Handwerk, Vergleiche von Revolverheld bis Biffy Clyro, Konzerte mit Johannes Oerding, die deutsche Musikindustrie und die Ignoranz des Major-Mainstreams.
Der gefühlt letzte Podcast der Welt: In „NEVER FORGET – der 90er-Podcast“ vom Musikexpress erinnern Stephan Rehm Rozanes und ich uns an die Musik und Popkultur unsere eigenen Jugend, pro Folge muss ein anderes Genre dran glauben. Check it out!(mehr …)
Wenn ein Star wie Roger Waters spricht, braucht es andere Stars, die dagegen sprechen. Wenn die AfD Künstler und Journalisten einschüchtert, müssen sich alle wehren. Im Politischen, Privaten und Popkulturellen darf man den Rechten und ihrem Gedankengut nicht das Feld überlassen. Ein Kommentar.
Bullshit Bingo, Superstars und jede Menge Frinks: Wir waren auf der Vertriebstagung des Major-Riesen Universal unterwegs und sind endlich wieder nüchtern. Hier ein paar Eindrücke.
Wir haben Songs deutscher Pop-Poeten in einem Satz zusammengefasst. Was sollen wir noch sagen: Es stimmt natürlich alles, was Jan Böhmermann gesagt hat.
Pünktlich zur schon im Vorfeld depperten Echo-Verleihung 2013: meine 20 besten Alben des vergangenen Kalenderjahres. Mit Qualitätsgarantie, garantiert auch ohne Frei.Wild und mit nur einem Megaseller.
1. Max Prosa – „Die Phantasie Wird Siegen“
Kitsch. Pathos. Sturm. Drang. Altklugheit. Reife. Aufgekratzheit. Abgeklärtheit. Versoffenheit. Herz. Schmerz. Beflissenheit. Geste. Gute Ratschläge. Bob Dylan im Geiste. Max Prosas über- und aufgeladenes Debüt „Die Phantasie wird siegen“, mit dem der in Berlin lebende Prosa als Bester seiner Zunft im deutschen Feuilleton eine „Schmerzensmänner“-Debatte anstiftete, hat von allem zuviel, man müsste sich eigentlich angewidert davon abwenden. Vor allem aber hat es Songs wie „Mein Kind“, „Flügel“ und „Visionen von Marie“ in seinen Reihen; Songs, die andere Liedermacher ein ganzes Leben so nicht zu Papier und auf Platte kriegen. Und das Beste: Der Nachfolger „Rangoon“ erscheint bereits im April 2013.
2. Ben Folds Five – „The Sound Of The Life Of The Mind“
Ben Folds, dieser Teufelspianist und Entertainer vor dem Herrn, kann keine schlechten Songs, Melodien, Harmonien und Geschichten schreiben. Das wusste ich spätestens seit „The Unauthorized Biography Of Reinhold Messner“, dem live schon 2008 wieder gemeinsam aufgeführten dritten Bandalbum aus dem Jahre 1999; Folds’ Soloalben zwischen 2001 und 2011 bestätigten das aufs Herzlichste. Beim Reunion-Album „The Sound Of The Life Of The Mind“ aber hatte ich das vier Durchgänge lang fast vergessen. Bis Folds mich mit „Draw A Crowd“, der ersten Single „Do It Anyway“ (inkl. Fraggles-Video) und über allem dem Titelsong daran erinnerte. Und plötzlich war ich wieder verliebt.
3. The Avett Brothers – „The Carpenter“
Weniger Drama, mehr Introspektive: „The Carpenter“ ist ein nach „I And Love And You“ einmal mehr aufrichtig herzliches Folkrockalbum, mit dem die Avett Brothers einmal mehr im Vorbeigehen beweisen, wie gut sie 1. Popmomente schreiben und einfangen, 2. die verwurzelteren Mumford & Sons werden und 3. als Hochzeitsband Nächte retten könnten. All das alleine wäre ihnen aber vermutlich zu langweilig. Zum Glück.
4. The Gaslight Anthem – „Handwritten“
Auf „American Slang“, ihrem dritten Album, waren The Gaslight Anthem der Sturm und Drang und die Ideen verloren gegangen, sie verwalteten sich bloß selbst. Mit „Handwritten“ und Hymnen wie „45“ und dem Titelsong haben die Arbeiterklasse-Punkrocker aus New Jersey (ja, da wo auch der Boss und Bon Jovi herkommen) zu sich selbst zurückgefunden und sind gleichzeitig den Stadien noch näher gekommen. Karohemden und, Achtung, Kreationismus – eine Mischung, die in Amerika noch besser ankommen müsste als bei uns.
5. Hot Water Music – „Exciter“
Nein, Hot Water Music aus Gainesville haben auf ihrem ersten neuen Album seit acht Jahren weder sich selbst noch den Punkrock neu erfunden. Aber genau das macht „Exciter“ zu so einer Wohltat: Chuck Ragan und Chris Wollard klingen mit all ihrem Herzblut und ihrer Hemdsärmeligkeit gemeinsam einfach markiger als allein, eine so zwingende Lebenskrisenhymne wie „Drag My Body“ haben sie in all den Solojahren und Bandprojekten nicht hinbekommen. Besser waren sie nur auf der Split-EP mit Alkaline Trio.
6. Benjamin Gibbard – „Former Lives“
Solodebüt des Frontmannes von Death Cab For Cutie, das gemessen an den Erwartungen und den Bandvorlagen ein fast zu gefälliges ist. Gibbard fühlt sich hier im Midtempo ein bisschen zu wohl, schon das Duett mit Aimee Mann aber reisst alles raus. Und wenn diese Liste eines verrät, dann, dass ich eine Schwäche für Bens habe.
7. Ben Kweller – „Go Fly A Kite“
Nach seinem Country-Ausflug besinnt sich Ben Kweller auf seine alten Stärken: „Go Fly A Kite“ vereint LoFi-Popsongs mit verschrobener Slackerattitüde, ist kein zweites „Sha Sha“ und zeigt Kweller dennoch als das geschichtenerzählende Songwriter-Wunderkind, das der Texaner auch mit seinen 31 Jahren noch ist.
8. Mumford & Sons – „Babel“
Das zweite Album, mit dem sie durch die Decke gingen: Die Grammy-Preisträger, die Mumford & Sons mittlerweile sind, legten mit „Babel“ einen zwar würdigen Nachfolger ihres umjubelten Debüts vor, aber auch ein Album, auf dem das Banjo präsenter und prägnanter war als die einzelnen Songideen selbst.
9. Kettcar – „Zwischen den Runden“
Nach dem – für Männer über 35 – vergleichsweise wütenden „Sylt“ und eine Dekade nach ihrem maßgeblichen Debüt „Du und wie viele von Deinen Freunden“ besinnen sich Kettcar auf Introspektive, Einsichten und auf das Erzählen daraus resultierender Geschichten über das Leben und den Tod. Sie trauen sich dabei an Bläser, Streicher und fast keinen Ausbruch. Schlecht steht ihnen all das trotzdem nicht. (zum Interview)
10. Michael Kiwanuka – „Home Again“
So jung und schon so schön von gestern: Michael Kiwanuka hat mit seinem Debüt „Home Again“ genau das Songwriter-Soulalbum aufgenommen, das Bob Dylan, Otis Redding, Marvin Gaye und Ben Harper gemeinsam nicht gemacht haben. (zum Interview)
11. Nada Surf – „The Stars Are Different To Astronomy“
12. First Aid Kit – „The Lion’s Roar“
13. The XX – „Coexist“
14. John K. Samson – „Provincial“
15. The Weeknd – „Echoes Of Silence“
16. Frank Ocean – „Channel Orange“
17. Deftones – „Koi No Yokan“
18. Absynthe Minded – „As It Ever Was“
19. Jessie Ware – „Devotion“
20. Kidd Kopphausen – „I“
Auch gut 2012 war zum Beispiel: Die Höchste Eisenbahn (EP), Jake Bugg (Deutschland-VÖ erst 2013), Silversun Pickups, The Lumineers, Sport, Aimee Mann, Kendrick Lamar, Captain Planet, The Shins, Two Gallants, Tom Liwa, Tallest Man On Earth, Muse, Gary, Manual Kant, Ellie Goulding, Sigur Ros, Bloc Party, Maximo Park, Die Türen, Band Of Horses, Kilians, Adam Arcuragi, Regina Spektor, Jens Lekman, Taylor Swift, Carly Rae Jepsen, Enno Bunger, Coheed & Cambria, Benjamin Biolay, Rocky Votolato
Irgendwann im letzten Frühjahr, kurz bevor Die Ärzte ihr zwölftes Studioalbum „auch“ veröffentlichten, stellte ich für eine zitty-Titelgeschichte namens „Die Wahrheit über Die Ärzte“ verschiedenen Wegbegleitern der „besten Band der Welt“ eine Frage. Weil daraus meist doch ein paar mehr wurden, an dieser Stelle: Die Ärzte-Fan Maja, der Arzt Dr. Ralph Schernberger und der Regierende Bürgermeister Berlins Klaus Wowereit.
Sind Die Ärzte sexy?
Maja: Nee! Die sind ja schon älter. Aber es gibt ganz junge Mädchen, die kreischen auf den Konzerten extrem. Ich kann mir vorstellen, dass da manche auf mehr aus sind. Aber mit denen hab ich nichts zu tun.
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Sind Die Ärzte krank?
Dr. Ralph Schernberger: Da sie sich schon so lange gehalten haben, würde ich ihnen eine gute Gesundheit attestieren. Es gibt speziellen Gehörschutz für Leute, die schon etwas länger im Business sind, damit sie keinen Tinnitus und keinen Hörschaden kriegen. Das würde ich ihnen raten. Und ein Prostata-Screening.
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Sind Die Ärzte die beste Band Berlins, Herr Wowereit?
„Vielen Dank für Ihre Anfrage. Der Regierende Bürgermeister wird sich daran nicht beteiligen“.
Irgendwann im letzten Frühjahr, kurz bevor Die Ärzte ihr zwölftes Studioalbum „auch“ veröffentlichten, stellte ich für eine zitty-Titelgeschichte namens „Die Wahrheit über Die Ärzte“ verschiedenen Wegbegleitern der „besten Band der Welt“ eine Frage. Weil daraus meist doch ein paar mehr wurden, an dieser Stelle: Corinna Bochmann, 42, juristische Referentin bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien. Wegen stumpfer Neonazis und anderen Gewaltbereiten hier ohne Bild.
Sind Die Ärzte noch eine Gefahr für die Jugend?
Corinna Bochmann: Es gibt noch zwei Alben, die aufgrund des Titels „Geschwisterliebe“ als indizierungsrelevant eingestuft sind, „Die Ärzte“ und „Ab 18“. Da wird Inzest und Mißbrauch in der Familie verherrlicht, das ist als Satire nicht klar genug erkennbar. Die Alben stehen noch auf dem Index. Seitdem gab es keine neuen Anträge zur Prüfung neuerer Stücke. Wenn Die Ärzte „Geschwisterliebe“ auf Konzerten spielten, was sie ja manchmal tun und ihr Publikum singen lassen, wäre das nach wie vor ein Problem. Aber eben nicht unseres, weil wir nicht für Konzerte zuständig sind. Da kann das Jugendamt oder das Ordnungsamt hingehen und so ein Konzert für einen jugendgefährdenden Ort erklären.
Und was ist mit den Songs „Schlaflied“ und „Claudia hat `nen Schäferhund“?
Corinna Bochmann: Die Ärzte haben sich 2004 an uns gewandt. Bei uns besteht die Möglichkeit, zehn Jahre nach Aufnahme in die Liste einen Antrag auf Streichung zu stellen. Das wird dann etwa damit begründet, dass heutige Jugendliche medienerfahren sind und das alles anders verstehen. Damals ging es um drei Lieder, um das „Schlaflied“, „Claudia hat `nen Schäferhund“ und „Geschwisterliebe“. Bei „Claudia hat `nen Schäferhund“ und „Schlaflied“ hat das Gremium bei der Prüfung gesagt: Das ist heute eindeutig als Satire erkennbar, auch für Jugendliche. Deswegen konnte das Album „Debil“ gestrichen werden. Die Ärzte hatten alle drei Alben zur Streichung beantragt – auf „Die Ärzte“ und „Ab 18“ war aber „Geschwisterliebe“ drauf.
Liegt Ihnen „auch“ schon vor?
Corinna Bochmann: Nein. Uns liegt nichts vor, wir machen nichts von Amtswegen. Wir werden erst tätig, wenn von einer der im Jugendschutz genannten Behörden etwas zur Prüfung eingereicht wird. Wir machen keine Marktbeobachtung. Bei Musik und anderen Tonträgern gibt es anders als bei Filmen und Computerspielen ja auch keine Alterskennzeichnung. Wenn also ein Album oder ein Song auftritt, das oder der einem Elternteil nicht gefällt, wendet der sich vielleicht an das örtliche Jugendamt – und die würden das bei uns einreichen.