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Soviel Hass: Wenn Fans von Fler, den Böhsen Onkelz und U2 schreiben

Ob U2, Fler, Die Böhsen Onkelz oder die „Let’s Play“-Gemeinde: Wie sogenannte Trolle Fallbeispiele liefern, um das Für und Wider digitaler Kommentarspalten zu diskutieren.

Haben nicht ausschließlich entspannte Fans: Die Böhsen Onkelz in ihrem Comebackjahr 2014. (Foto: PR)
Haben nicht ausschließlich entspannte Fans: Die Böhsen Onkelz in ihrem Comebackjahr 2014. (Foto: PR)

Trolle und Gepöbel im World Wide Web sind so alt wie das Internet selbst. Um deren Auswüchse weiß man ausführlich nach der Lektüre des Texts „Die dunklen Seiten: Zu Besuch bei Trollen, Hetzern und Forennazis“ von Jamie Bartlett, Nikolaus Röttger und Anja Rützel in der aktuellen Ausgabe der deutschen „Wired“. Die Fratze dieses Phänomens zeigt sich gegenwärtig aber auch im Popjournalismus. Was vor ein paar Tagen auf Welt Online abging, entpuppte sich als eine Hetzjagd, deren naheliegenden Vergleich ich hier lieber nicht äußere. Journalist Frédéric Schwilden hat dort unter dem Titel „Gangsta-Rap schützt nicht vor Altersarmut“ eine Glosse zur Veröffentlichung gebracht, die sich, der satirischen Form nach naturgemäß ironisch, mit dem Rapper Fler und der deutschen Rapszene beschäftigt. Anlass für Schwilden und die Redaktion von Welt.de war die Tatsache, dass Fler „anstelle eines neuen Albums sein polizeiliches Führungszeugnis“ veröffentlicht hat, und das aus den verdonnerten Tagessätzen errrechnete monatliche Einkommen von Fler ist offenbar nicht so hoch, wie man es sich als Gangstagröße mutmaßlich wünschen würde.

In der Kommentarspalte und via Twitter drohen Schwilden nicht nur Fans, sondern sogar Fler selbst vollkommen humorbefreit mit Gewalt, wenn besagte Glosse nicht wieder verschwinde. Einige User haben bereits die Adresse des Autors ausfindig gemacht und, schlimmer noch, Fotos seiner Haustür im Netz gepostet. Schwilden selbst hat die Geschehnisse selbst dokumentiert, Welt Online geht zum Glück in die Gegenoffensive. Und Szeneexperte Marcus Staiger hat den Vorfall auf ZEIT Online kommentiert.

Trolle im Internet (Symbolbild).
Trolle im Internet (Symbolbild).

Mit digitalen Pöbeleien und Hasstiraden, um nicht Shitstorm zu sagen, habe ich selbst vor ein paar Monaten einschlägige Erfahrungen machen dürfen müssen. Auf der Homepage des Musikexpress, für die ich als Redakteur arbeite, erschien im Februar dieses Jahres ein Text mit der Überschrift „Danke für Nichts – Die Wahrheit über Die Böhsen Onkelz“. Der Text war von mir und natürlich als Polemik verfasst, eine derart polarisierende Band als öffentliche Person sowie ihre Fans sollten sowas aushalten (wenn schon nicht drüber lachen) können. Die erwartbaren Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten: Neben im- sowie expliziten Gewaltandrohungen war da von „Herrenmensch“, „Klassismus“ und „Schmierfink“ die Rede, von „Milchbubi-Warmduscher-Weichei“, „intolerantem linksfaschistoiden geschmiere“ und „dumm, dümmer, Fabian Soethof“, dem „dümmsten Autoren, den es gibt“. Per Mail oder Facebook-Nachricht drohte man mir indirekt mit dem Hinweis, man wisse ja, wo ich arbeite; ein Onkelz-Fan bot mir hingegen gar ein Ticket für ihr Comeback-Konzert am Hockenheimring an, damit ich mir mal selbst ein Bild machen könne. Ich verzichte darauf, die diversen Anschuldigungen hier zu versammeln, so wie auch hier keine Rechtfertigung oder Erklärung folgt. Weitere, teilweise sogar differenzierte Reaktionen sind öffentlich in der Kommentarspalte oder in diversen Onkelz-Fanforen nachzulesen – passiert ist aber, zum Glück, weiter nichts.

Die Reaktionen der Fans von Fler und den Böhsen Onkelz sind nur zwei Beispiele von vielen, um das Für und Wider digitaler Kommentarspalten zu diskutieren. Allgegenwärtig ist das Thema seit Jahren allemal: Der Journalist und Autor Sebastian Leber etwa dokumentierte im „Tagesspiegel“ vor ein paar Monaten seinen ersten Shitstorm, Comedian Oliver Polak wurde nach einem Facebook-Posting über ein Tierbordell mit Hunde aus Polen unter anderem mit Kastration gedroht. Die FAZ porträtierte den Troll Uwe Ostertag, deutschlandweit treffen sich unter dem Veranstaltungstitel „Hate Poetry“ regelmäßig Journalisten mit Migrationshintergrund, um auf einer Bühne hasserfüllte Leserbriefe vorzulesen. Unterhaltung und Selbsthilfe zugleich.

Auch beim Musikexpress bringen wir in loser Regelmäßigkeit und ohne die entsprechende Absicht Fanscharen gegen uns auf, etwa bei Verrissen zu Rapplatten von Cro, Casper und Co., der Abwesenheit von Madonna-Liedern in den „700 besten Songs aller Zeiten“, Meinungstexten im Allgemeinen sowie zuletzt ganz besonders bei U2. Deren neues Album „Songs Of Innocence“ gefiel Autor Reiner Reitsamer nicht so dolle, den U2-Jüngern seine Kritik noch weniger. Arno Frank erklärte deren Reaktion so: „Pointierte Urteile, mit Verve geschrieben, die liest man dagegen nicht so gerne. Da fühlt sich die Herde gekränkt und herausgefordert. Dann wird sie böse. Und wer böse wird, argumentiert „ad hominem“, zielt also auf den Menschen.“ Nach ein paar Tagen war wieder Ruhe, nur manchmal, beim nächsten Aufreger, fällt ein paar Usern wieder ein, dass sie sich neulich schonmal aufregten. Bleibt zu hoffen, dass sich auch die Fans von Fler und Fler selbst wieder beruhigen – Frédéric will doch nur spielen! – und die Sache in ein paar Tagen endgültig vergessen ist. Schon wegen so Lappalien wie Pressefreiheit, „freiheitlicher Grundordnung“ (Staiger) und dergleichen. Und weil es manchmal, wie auch die „Wired“ im eingangs zitierten Text feststellte, herrlich profan sein kann: Manche Kommentatoren haben wahrscheinlich schlichtweg Langeweile.

25 Dinge, die ich über Amerika (und sein Fernsehprogramm) noch nicht wusste

Vor einiger Zeit reiste ich drei Wochen durch den Westen der USA. Hier nur ein paar der damaligen Auffälligkeiten zwischen San Francisco, Las Vegas, San Diego und Los Angeles. Da besagte Zeit mittlerweile in Jahren angegeben werden kann – Prioritäten verschieben sich -, verzichte ich auf erklärende illustrierende Fotos zu jedem einzelnen der Punkte. Obwohl es sie gäbe.

Foto-Eindrücke von mir bei Instagram
Foto-Eindrücke bei Instagram

 

  • Barack Obama mag Honey Boo Boo.
  • eine Eismarke wirbt mit einem Eisbären und heißt Bimbo.
  • Die offenbar bekanntesten Kondome in den USA heißen tatsächlich Trojans. Wie vertrauenserweckend.
  • Vielleicht hat es doch ein Häftling geschafft, lebend aus Alcatraz zu fliehen.
  • Verkehrsschilder weisen freundlich darauf hin, in bestimmten Gegenden keine Hitchhiker mitzunehmen – „Prison Area“!
  • Die Kultur des Frühstücksfernsehens ist dort von „Kelly & Michael“ bis zu achtjährigen Nachwuchspredigern deutlich ausgeprägter als bei uns. Vom Frühstück selbst kann man das leider nicht sagen.
  • Whoopi Goldberg hat eine eigene Talkshow namens „The View“ und dort unter anderem Prince zu Gast – der aussieht wie sein eigener Imitator.
Die traurige Wahrheit des Krustyland: außen Kulisse, innen nur 3D-Achterbahn.
Die traurige Wahrheit des Krustyland: außen Kulisse, innen nur 3D-Achterbahn.

 

  • Verstärkung gesucht: Die San Diego Police wirbt sogar Rentner für ihr Team.
  • Im Yosemite Park wird auf Schildern vor Berglöwen gewarnt. Letzter Hinweis: „If attacked – fight back.“ Humor haben sie ja doch.
  • Waschbären mögen Sour-Cream- & Onion-Chips, sind dreist und wissen sehr genau, wie man Chipstüten präzise öffnet.
  • Die Hausdame des Curry Village nennt sich Mother Curry. Können von Glück reden, dass wir trotz ursprünglicher Spontan-Planung nicht bei ihren Hanta-Mäuschen übernachtet haben.
  • Cameron, der laut Karte letzte Ort vorm Grand Canyon, gibt es nicht. Und Anasazi Inn ist der Vorhof zur David-Lynch-Hölle.
  • Wenn Mutter Kardashian dicke Lippen hat, sieht sie aus wie Sharon Osbourne.
  • Überhaupt: All die TV-Shows, die man jeweils in der Werbepause der anderen Show gucken kann!

    Graceland Chapel, Baby: Hier heiratete auch Jon Bon Jovi.
    Graceland Chapel, Baby: Hier heiratete auch Jon Bon Jovi.
  • Von „Teen Moms“, „So You Think You Can Dance“, „Americas Got Talent“ (mit Howard Stern), „The Voice“ (mit Christina Aguilera, Cee Lo Green, Blake Shelton und Adam Levine) und „X-Factor“ (mit Simon Powell und Britney Spears)…
  • …über einen schwulen Innenarchitekten, der seiner Kundin und Freundin die Dimensionen ihrer geplanten Hochzeitssause kleiner reden will…
  • …bis hin zu Heidi Klum, die Nachwuchsdesigner designen und schneidern lässt und zu irgendwem, der den besten Maskenbildner sucht.
  • Sogar Jerry Springer gibt es immer noch!
  • Ellen DeGeneres, David Letterman, Jimmy Kimmel und wie sie alle heißen sind wirklich gut. Und noch besser, wenn man sie im Vergleich zum Restprogramm sieht.
  • In Elvis‘ Graceland Chapel in Las Vegas hat auch Bon Jovi geheiratet.
  • Zwei Häuser weiter steht der Pawn Shop aus der Sendung „Pawn Stars“. Kannte ich vorher auch nicht.
  • Im Death Valley veranstalten Steine ein bis heute nicht geklärtes und mysteriöses Wettrennen – und das bei der Hitze und mit ihrem Gewicht!
  • One Direction sind eine große Nummer.
  • Krustyland gibt es gar nicht. Alles Attrappe.
  • Mario Barth betreibt im Mirage in Las Vegas ein erfolgreiches Tattoostudio in bester Lage.
  • Ortsnamen wie Barstow und Ludlow – Brandenburg fängt vor der Grenze zu Arizona an.
"Fear And Loathing In Las Vegas", irgendwer?
„Fear And Loathing In Las Vegas“, irgendwer?

 

 

Ralf, Du darfst jetzt ein Mann sein

Nostalgie als Marketingkonzept: Warum die Neuauflage der „YPS“ kaum das halten kann, was sie verspricht

Diese verdammten Urzeitkrebse. Wasser zu kalt, Wasser zu warm, Futter zu wenig, Futter zu viel. Irgendwas war immer, das dieses Gimmick nie zu mehr als einem Gimmick wachsen ließ. Die Krebse, unterm Mikroskop schwammen sie tatsächlich, einmal, vielleicht einen Tag, damals, in meinem Kinderzimmer. Sie lagen der YPS, dem damals so cleveren Magazin für Jungs und ein paar Mädchen, bevor die sich für die Bravo und sich selbst interessierten, schließlich 21-mal in kleinen Tütchen bei, irgendwann musste das ja funktionieren. Und wenn nicht, dann züchtete ich eben Ostereierbäume, schlug das Abenteuer-Zelt, weil es nicht mehr als eine bedruckter Plastikschlauch war, neben meinem Bett auf, wies mich als YPS-Agent aus (siehe Foto) und testete all die anderen Gimmicks, die der YPS Woche für Woche so beilagen und das Heft zur Micky Maus meiner Generation machten. Bei Licht betrachtet waren die Gimmicks natürlich nichts als gut verpackter „Knoff Hoff“-Schrott, aber darum ging es nicht: Einmal schickte ich sogar ein Foto an die Redaktion, auf dem ich stolz vor meinen gesammelten Ausgaben posiere. Abgedruckt wurde das nie, die anderen Kinder waren mir schon in der Menge ihrer Hefte einfach voraus. Warum ich all das erzähle? Weil von heute an die YPS wieder am Kiosk liegt, und ich, glaubt man dem Verlag und meiner Kinderzeit, auch heute noch beziehungsweise wieder genau der Zielgruppe entspreche.

YPS-Agentenausweis
Eat this, Jack Bauer: Mein YPS-Agentenausweis, Ausstellungsjahr unbekannt

„Das Magazin richtet sich an die Kinder von früher, die heute 30- bis 45-jährigen“, verkündete der Verlag Egmont Ehapa gestern und bereits im April dieses Jahres, als der Remake-Plan öffentlich wurde. Beide Male stellte sich neben viel reflexartiger Euphorie besonders im Internet (als überholtes Synonym für Blogs, Twitter, Facebook) sofort der Reflex ein, das kommende Produkt schon jetzt scheiße finden zu müssen*. Wegen der Zielgruppenansage, wegen der Macher, wegen der bloßen Tatsache, sich an diesen grünkarierten Gral der Kindercomics zu wagen. Und schon das neue Cover scheint die Kritiker nun zu bestätigen: Themen wie „Jetzt noch Spion werden“, „Dinosaurier finden“ und „12 Zaubertricks für die nächste langweilige Party“ wären ohne das Zusatz-Motto „Eigentlich sind wir doch schon erwachsen!“ ganz schön nah dran am Original – wodurch sich die Frage aufdrängt: Warum nicht gleich ein YPS für die tatsächlichen Kinder von heute machen? Aus Angst vor zuviel Konkurrenz durch verlagsinterne und -externe Gimmickblättchen wie Spongebob, Pokémon, Wendy und so weiter? Weil Nostalgie als stärkstes Kaufargument im Businessplan steht? Weil der Werbemarkt und potentielle Umsätze zu klein sind, da Kinder nicht viel Geld haben (nur deren Eltern)? Andererseits steht wohl auch fest: Hätten Egmont Ehapa und ihr ehemaliger FHM-Chefredakteur Christian Kallenberg die damalige zwischen den Zeilen als solche verstandene Drohung wahrgemacht und aus der YPS ein ähnlich Klischee-beladenes Anzeigen-Männermagazin gemacht, wie sie es vor rund einem Jahr mit „Donald“ versuchten, dann wäre das Geschrei der Ablehnung garantiert noch größer geworden. Na, immerhin bestand nie die Gefahr, nach Condé Nast-Vorbild (die erste deutschsprachige WIRED lag Anfang des Jahres der GQ bei) die YPS gleich zur FHM zu packen – Egmont Ehapa stieß die deutsche Lizenz daran schon 2010 ab.

YPS
Ganz in schwarz: Das neue YPS-Cover, mit dem die Kinder von damals wiedergewonnen werden sollen

Die Überraschungen auf den 100 Seiten hinter dem YPS-Titelblatt, das dank seiner wirren Typographie, seiner fehlenden Linie und dem pechschwarzen Hintergrund auf jeden Fall ein Hingucker am Kiosk ist, halten sich im Guten wie im Schlechten in Grenzen. Das Inhaltsverzeichnis provoziert ein Flashback, es ist so hässlich gelayoutet wie damals – und kommt deswegen angenehm unaufgeregt daher. Auf der letzten Seite stehen maue Kinderwitze aus alten Ausgaben. Dazwischen: Promis, Alt-Leser und -Redakteure erinnern sich. Die Preisung achso neuer Gimmicks, die „leider nicht dem Heft beiliegen können“, zum Beispiel USB-Tassenwärmer, Pizzasägen und selbstumrührende Becher (!). Früher/Heute-Vergleiche anderer Produkte (Fahrräder, Schuhe, Kettcars, Cola-Dosen). Porträts und Interviews von und mit Comiczeichner Heinz Körner, Abenteurer Rüdiger Nehberg, Komiker Maddin Schneider und Achtziger-Schwimmstar Michael Groß. Die Geschichte der Videospiele (Konsole vs. Computer). YPS-Spionagetools in echten Geheimdiensten, Papas Autos. Die alten Bekannten YPS, Kaspar, Patsch und Willy, Yinni und Yan und ein paar neue Comics. Und noch ein bisschen mehr. Die größeren Themen könnten teilweise keine so schlechten Magazinthemen sein, wenn sie nur nicht in ein derart lauwarmes Umfeld eines Heftes gebettet wären, das seine Leser weder als Kinder noch als Erwachsene ernst nimmt, sondern wegen seines naiven Duktus als, pardon, irgendwie zurückgeblieben. Man merkt an den besten Stellen, dass bei der neuen YPS Journalisten arbeiten, die aus Konzeptgründen kaum welche sein dürfen. Und die Werbekunden? Mercedes-Benz, Sony, RTL, DMAX, Sport1 und eine Modestrecke mit Produktempfehlungen, mehr nicht. Zumindest nicht auf den ersten und zweiten Blick.

Zielgruppen sind in der Regel bloß Erfindungen von Marktforschungsinstituten und Anzeigenabteilungen. So auch hier: Die YPS-Leser von damals lesen heute bestenfalls die WIRED, schlimmstenfalls gar nichts. Sie erinnern sich gerne an früher (siehe oben), und sie wollen bestimmt auch einen Blick in die Neuauflage ihres alten Lieblingshefts werfen. Schnell werden sie aber sehen, dass außer alter Lizenz und entsprechender CI, um Werbesprech zu bemühen, viel nicht geblieben ist, weil die Erinnerung allein eben doch kein neues Heft trägt. Nicht jedes Comeback muss forciert werden, das dürfen sich Hollywood und eben die Verlage auch gerne mal genauer überlegen, obgleich sie das natürlich tun: Wenn die YPS von ihren 120.000 Exemplaren auch bloß die Hälfte für je 5,90 Euro verkauft, dürften dank fleißiger Anzeigen- und PR-Abteilung die Personal-, Bild- und Produktionskosten wahrscheinlich wieder drin sein (oder so, für die Milchmädchen-Rechnung gibt’s bestimmt auf den Deckel). Und Verlag und Vertrieb haben bis zur nächsten Ausgabe, die für März 2013 angekündigt ist, genug Zeit, noch ein paar mehr Werbekunden davon zu überzeugen, was für ein Erfolg diese Neuauflage der YPS doch ist und bleiben wird. Gerade bei dieser ach so gebildeten, einflussreichen und gut verdienenden Zielgruppe (nennt mir eine Anzeigenabteilung, die anderes über ihre Leser behauptet), die heute so alt ist wie Ralf, der Urzeitkrebs, aus der zugegeben ziemlich guten Fernsehwerbung zur neuen YPS:

(Geschenkt, dass das gelogen ist, denn dass die Urzeitkrebse nie erwachsen wurden, weiß jeder, der sie einmal züchten wollte – siehe oben)

Was kommt als nächstes? Die Bravo für die heute über 18-Jährigen? Ach nein, die gibt es ja schon. Sie heißt noch immer FHM.

P.S.: Es gab vor sieben Jahren schon einmal drei neue Ausgaben der YPS. Die erste hatte aber schon damals wegen ihrer lieblosen Mickrigkeit und ihren Druck- und Rechtschreibfehlern nicht mehr als ein müdes Durchblättern am Kiosk verdient.

*Nilz Bokelberg und René Walter zum Beispiel haben sich die neue YPS nun noch genauer angesehen.

Hauptsache Berlin

Öl ins Feuer aller soge- und selbsternannten Gentrifizierungsgegner: Folgende Nachricht aus Brasilien erreichte mich letzte Woche Dienstag (!) via Facebook.

Hi Fabian! How are you doing?

I am XXXX’s friend. She gave me your contact.

I have going to Berlin on thursday and I am looking for a place to stay until I can find a room to rent. By any chance is it possible to stay with you for a few days? Maybe until monday?

I don’t know if XX told me why I am going to Berlin but the main reason is to study cinematography and try to find a job as a director of photography (Film movies, commercials and TV Series). Do know anyone in this working field in Berlin that I could contact? Do you know as well someone the might need a room mate?

Thanks a lot for your attention!

(Namens-Auskreuzungen und Hervorhebung von mir)

Ihre Vorurteile über Berlin-Touristen und -Zugezogene setzen Sie bitte hier ein: _________________

***

Update 1:
Höflich wie ich bin, habe ich dem Absender, Y., einen Kontakt für eine mögliche Zwischenmiete gegeben. Seine Antwort:

„(…) I am waiting for my EU citizen to come out. If it works it can stay for a long term. Otherwise I will be back home in maybe 3 months or so.“

Update 2:
Die potentielle Zwischenvermieterin hat Kontakt mit Y. aufgenommen. Seine Antwort:

„(…) Is it EUR 500 for the whole 55 days? If yes, sounds good. I am interested. I would like to meet your friend and take a look at the apartment if it is possible.

Danke!“

Und sie:

„Dear Y,

No, I’m afraid that’s the monthly rent. Welcome to gentrified Neukölln…“

Carbon Copies

Zwei E-Mails aus meinem heutigen Posteingang:

Screenshot

Betreff: Pressemitteilung – Launch der Crowd-Founding-Plattform „___“

Sehr geehrter Damen und Herren,

___ ist der einfachste Weg, ein eigenes Projekt über das Internet zu finanzieren. Dafür kooperiert ___ bereits zum Start mit über 700 verschiedenen Online-Shops, u.a. mit ___, ___, und ___. Werden die Einkäufe über die ___-Website oder das Browser-Add-on getätigt, fließt vom Shopbetreiber ein Bonus in das ausgewählte Projekt. Die Höhe des Bonus variiert von Shop zu Shop. Der Einkauf wird dadurch allerdings nicht teurer. Man muss nichts zahlen oder spenden, sondern das Geld sammeln funktioniert ganz einfach nebenbei, wenn man einen Online-Einkauf tätigt.

Die weiteren Informationen entnehmen Sie bitte der beiliegenden Pressemitteilung.

Für Fragen stehe ich Ihnen gerne jederzeit zur Verfügung.

Herzlichen Gruß,

Christian ___
-Geschäftsführer-

Re: Pressemitteilung – Launch der Crowd-Founding-Plattform „___“

Sehr geehrter Herr ___,

ich schlage als erstes Projekt das Thema „Wie bediene ich meine Email-Software unter besonderer Berücksichtigung des Datenschutzes von

349 Email-Adressinhabern“ vor.

Nichts für ungut,

Manuela

(Leerstellen und Schwärzungen von mir)

Dem Hund geht es nicht gut

Mich durchfuhr der Hauch eines Schocks beim ersten Anblick der folgenden Überschrift (und das nicht, weil Angelika Milster jetzt wie Gwyneth Paltrow aussähe):

Angelika Milster in der Freizeit Revue: Tod nach Routine-OP?
Angelika Milster in der "Freizeit Revue": "Tod nach Routine-OP"

Ärztepfusch? Allergie? Eine unentdeckte Krankheit? Was ist da bloß passiert? Bevor Sie lange rätseln –

hier die Auflösung:

Angelika Milster und Dackeldame Erna in der Freizeit Revue
"Es braucht noch Zeit für eine neue Liebe": Trauer um Dackeldame Erna, nicht um Angelika Milster

Arme Erna, wirklich. Aber auch: Puuh! Und das war nur die erstbeste Seite, die ich aufschlug. Das wird noch eine wahre Adrenalin-Achterbahnfahrt, die weitere Lektüre der „Freizeit Revue“. Darauf einen Schmortopf.

(Mehr Klatschblatt-Skandale hier, hier und hier, zum Beispiel)

40 Jahre Wanderfreunde

Aus Stefan Niggemeiers gerne bespielter Rubrik „Original und Kopie“, oder: „Pressemitteilungen und Lokaljournalismus. Eine Symbiose.“ Obwohl ich in Wahrheit noch gar nicht weiß, ob es sich bei der Grundlage der bis auf die letzten zwei Sätze fast identischen Texte wirklich um eine Pressemitteilung der Wanderfreunde Nieukerk handelt oder ob die Rheinische Post und das Anzeigenblatt Niederrhein Nachrichten längst eine Mantelredaktion gebildet haben, möchte ich sagen: Die faulen Redakteure machen nicht mal mehr vor meiner Oma halt.

"Freude an der Geselligkeit": Niederrhein Nachrichten, 8. Dezember 2011 (Klick zur Vergrößerung)

Auf einer Lokalseite namens "Heimatreporter": Rheinische Post, 13. Dezember 2011 (Klick zur Vergrößerung)

Nachtrag: Der Vereinsvorsitzende klärt auf Nachfrage per E-Mail hier in der Kommentarspalte auf.

Mädchen sind stark im Kommen

Bisher offenbar unbemerkt arbeiten (die Gagschreiber von) Mario Barth und Stefan Raab auch als Online-Redakteure in Karlsruhe, und das mindestens seit März dieses Jahres:

Wodka-Tampons und Mädchen: Beide offenbar stark im Kommen (Klick zur Bild-Vergrößerung, Screenshot: ka-news.de)

Vielleicht ist es auch umgekehrt.