Eine leidenschaftliche Gemengelage

Es schickt sich ja als journalistisch tätiger und weiterhin tätig sein wollender Mensch nicht, sich mit der PR anzufreunden. Diese ganze Agenturbrut, das lernte ich schon an der Uni, ist der ausgemachte Feind, die Ausgeburt des Teufels. Erst wollen sie ein gutes öffentliches Wort von Dir, dann wollen sie Deine Seele. Alle.

Tatsächlich gibt es gute Gründe und milliausend schlechte Beispiele für diese Übertreibung. Im BILDblog und diversen anderen Medien entdecken sie schließlich regelmäßig solche Missstände, die Branchenfremden vielleicht halb so wild erscheinen mögen, die es aber zu entdecken und zu benennen gilt. Darum steht im Pressekodex unter anderem geschrieben:

Ziffer 7 – Trennung von Werbung und Redaktion
Die Verantwortung der Presse gegenüber der Öffentlichkeit gebietet, dass redaktionelle Veröffentlichungen nicht durch private oder geschäftliche Interessen Dritter oder durch persönliche wirtschaftliche Interessen der Journalistinnen und Journalisten beeinflusst werden. Verleger und Redakteure wehren derartige Versuche ab und achten auf eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken. (…)

Wenn es doch immer so einfach wäre. Die mantraartige Wiederholung dieser Linie ist richtig und zwingend notwendig, weil die damit verbundene Haltung in der Praxis leider immer noch keine seltener eine Selbstverständlichkeit ist oder sein kann („Harte Zeiten, der schwierige Anzeigenmarkt, dieses Internet“, Sie kennen die alte Leier). Zweifel, Hinterfragung und kritische Grundeinstellung sollten Grundreflexe eines jeden Redakteurs sein, ob er nun für FAZ, taz, Musikexpress, InStyle, Rheinische Post, Bild.de oder sonst wen arbeitet. Auch ich muss da bei meinem Arbeitgeber täglich aufpassen.

Was aber bedeutet diese Trennung außerhalb der jeweiligen Publikation, in der leider manchmal und aus verschiedenen Gründen anders aussehenden Berufsrealität, sprich: in der Praxis der Autoren? Ich kenne viele (freiberufliche) Kollegen, die sich mit dem Verfassen von Pressetexten Honorare einstreichen, wie sie im Journalismus nur noch als feuchte Träume existieren. Texte, von denen keiner behauptet, sie seien wirklich journalistisch und die keinesfalls in der Absicht einer Veröffentlichung in redaktionellen Plätzen geschrieben wurden (was manche Redakteure als Empfänger wiederum damit anstellen, ist eine andere Frage). Und ich würde in keinem dieser Fälle den Kollegen Verrat an der eigenen Zunft oder den eigenen Idealen vorwerfen. Im Gegenteil: Sie nehmen die ungeliebtere Arbeit mit und in Kauf, um dadurch die geliebtere, aber schlechter bezahlte Arbeit weiterhin machen zu können. Vermeidung von Opportunitätskosten heißt das, glaube ich. Sie geben in der Regel ihren Namen nicht dafür her, in manchen Fällen aber könnten sie es, finde ich (siehe unten). Ob sie aber aufgrund der ungeliebteren Arbeit die geliebtere Arbeit noch so machen können, wie es Leser, Auftraggeber und der Pressekodex mit Fug und Recht von ihnen verlangen? Ich möchte gerne und gar nicht mal allzu steil behaupten: Ja, das können sie. Solange Idealismus und Berufsethik bei der journalistischen Arbeit noch am rechten Fleck sitzen. Und das tun sie, weil das Geld nicht die Hauptrolle spielen kann. Wer heute Journalist und/oder Autor werden will, um reich zu werden, der ist ja irgendwie auch selber schuld.

Warum ich diese Selbstverständlichkeiten und Allgemeinplätze hier erzähle? Weil Lukas, der auch das/den BILDblog schmeisst, einen Pressetext a.k.a. Waschzettel geschrieben und das öffentlich erklärt hat und ich da selbst täglich mit zu tun habe und aus eigener Erfahrung bestens weiß, dass das im Pop(-musik)-Journalismus nochmal eine Sache für sich ist. Weil – soviel hatten wir schon – viele Menschen nicht nur Journalisten werden wollen, um „irgendwas mit Medien“ zu machen, sondern weil sie gerne schreiben/sprechen/filmen/fragen/zuhören/nochmal fragen, weil im Popjournalismus aber auch grob geschätzt 80 Prozent aller Schreiber, auch die Totalverrreißer, als Fans angefangen haben. Bei, der Name sagt es ja bereits, Fanzines. Oder selbst in Bands spielten oder spielen. Es liegt deshalb die Streitfrage nahe: Warum also seine Leidenschaft, den Urantrieb der eigenen Arbeit, nicht auch mal offenkundig als solche raushängen lassen und gleich einen Pressetext über eine Band schreiben, die in der eigenen, unabhängigeren Rezension nicht schlechter weggekommen wäre? Hätte man somit nicht weder sich selbst noch andere verraten und wäre und bliebe ehrlich? Vielleicht. Vielleicht käme es dadurch aber früher oder später zu einem Interessenskonflikt, in dem nur diejenigen „Nein!“ rufen können, die nicht auf das eine oder andere angewiesen sind. Hatte der Presserat vermutlich auch dran gedacht.

Was ich eigentlich sagen wollte: Ich bin da nicht besser oder schlechter, ich hab das also auch mal gemacht. Weil ich wollte und noch nicht, weil ich musste. Vor Jahren in Duisburg zum Beispiel schon für die guten alten Action Film Survivors, diese faulen Chaoten, und nun wieder für eine Band, die ich persönlich kenne und mag – das ist der Hauptgrund – und vor allem ihren noch jungen Werdegang mit allergrößtem Respekt beobachte. Die Band heißt Ghost Of Tom Joad, kommt aus Münster und Umgebung und veröffentlicht im Februar 2011 ihr drittes Album „Black Musik“. Zitiere ich mich doch einfach selbst: „Über diese Band und dieses Album kann, soll, muss und wird man reden“. Und über die Grenze zwischen Journalismus und PR auch und immer wieder. Weil sie nur so bestehen bleibt.

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