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Weit weg von jeder Homepage

Aus der zitty-Serie “Berliner Internet-Start-ups”: Wie FarFromHomePage das Webbrowsing von seinen festgefahrenen Strukturen erlösen will

Farfromhomepage
Im Philosophiestudium an der FU lernten sie sich kennen, jetzt wollen sie das Internet revolutionieren: FarFromHomePage-Gründer Manuel Scheidegger und Janosch Asen

Der Name ihres Start-ups deutet es schon an: Mit gewöhnlichen Homepages wollen Manuel Scheidegger und Janosch Asen nichts zu tun haben. Feste Strukturen, die immer gleiche Navigation, Serverkosten und viel Speicherplatz – all das wollen sie mit FarFromHomePage über Bord werfen.

Ihr Tool, das die beiden Firmengründer gerne als iMovie für das ganze Web beschreiben, soll ein Hub werden, das sich aus all dem bedient, was das weite bunte Internet zu bieten hat: Ein YouTube-Video hier, ein Soundcloud-Snippet da, eine Bilderfolge dort, eine Facebook-Wall in dieser Ecke, und so weiter. Der Privatuser soll sich so etwa sein eigenes virtuelles Wohnzimmer einrichten, in dem jeder seiner Freunde und Bekannten vorbeikommen und jeden Tag was anderes erleben kann; Unternehmen können ihr Portfolio, ihre Leistungen oder ihre Ambitionen interaktiv präsentieren. Ein Museum kann zum Beispiel zu einem virtuellen Streifzug laden, den es in der Realität so nie geben würde – auf einer Homepage, die keine ist.

Weil die Dateien alle irgendwo öffentlich im Netz rumliegen, hostet FarFromHomePage nichts selbst. Und genau darin stecken Chance und rechtliche Crux gleichermaßen: Wie beim US-Bilderdienst Pinterest machen sich dort User für ihre Zwecke Daten zu eigen, an denen sie die Rechte streng genommen nicht besitzen. Noch ist das eine Grauzone, eben weil FarFromHomePage ja nichts klaut oder klauen lässt, sondern bloß verlinkt – das YouTube-Video etwa liegt weiterhin auf den Google-Servern. Es müsse juristisch geklärt werden, ob ein neues Werk vorliegt oder nicht, sagte CTO Asen schon im Frühjahr dieses Jahres, ein paar Monate, nach dem er und CEO Scheidegger Ende 2011 die ersten Gehversuche ihres Projektes online stellten und Investoren und Business Angels suchten, die so wie sie an die Idee des „Creative Browsing“ glaubten, um das Internet endlich von seiner Geradlinigkeit zu befreien.

Schwierig werden könnte die rechtliche Gemengelage auch beziehungsweise erst recht, wenn die beiden Firmengründer mit diesen Inhalten Geld verdienen wollen, etwa durch Werbung oder Premiumpakete. Aber wenn es durch diese Probleme nicht zu Fall gebracht wird, könnte FarFromHomePage vieles gleichzeitig werden: ein asynchroner Aggregator für Surfentdeckungen, ein Aufbereiter von Inhalten, ein Tool des neuen Erzählens im Netz.

Farfromhomepage.net

(erschienen in: zitty, 20/2012, 20. September, S. 70)