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Wenn der Gavin mit den Streichern

Mit „7th Symphony“ veröffentlicht die finnische Cello-Rockband Apocalyptica ihr siebtes Album – und schlägt gewohnt versiert die Brücke zwischen Gothic-Nische und Mainstream-Metal

Gavin Rossdale ist zurück. Nach zweieinhalbfacher Babypause, Hollywoodausflügen, einem Soloalbum und anhaltendem Celebrity-Dasein als Ehemann von Gwen Stefani kündigt der britische Musiker für den Oktober 2010 ein neues Album seiner in den Neunzigern sehr erfolgreichen und 2002 verschiedenen Grungerock-Band Bush an. Aber darum soll es an dieser Stelle noch nicht gehen. Als Warm-Up nämlich tritt Rossdale auf einer ganz anderen musikalischen Baustelle in Erscheinung: Auf „7th Symphony“, dem siebten Album der finnischen selbsternannten Cello-Rocker Apocalyptica, verleiht Rossdale als Gastsänger der Single „End Of Me“ seine Stimme.

Wer Apocalyptica sagt, der sagt erstmal beziehungsweise immer noch auch Metal und Metallica. Ein Blick zurück: Im Jahre 1996 gründen die klassische ausgebildeten Metal-Fans Eicca Toppinen, Paavo Lötjönen, Max Lilja und Antero Manninen in Helsinki eine Band, mit der sie ausschließlich auf Violoncelli Songs ihrer Lieblingsband Metallica covern wollen. Düster muss es klingen, apokalyptisch, der Name ist also schnell gefunden. Das Ergebniserscheint noch im selben Jahr, heißt „Apocalyptica Plays Metallica By Four Cellos“ und findet gerade wegen seines originären Ansatzes auch außerhalb der Szene großen Zuspruch. Es folgen Besetzungswechsel und Alben, auf denen sie unter anderem Stücke von Slayer, Sepultura oder Faith No More neu inszenieren und vermehrt eigene Songs aufnehmen.


Ihre folgenden Veröffentlichungen und Kollaborationen geraten gerade in Deutschland so grenzwertig wie erfolgreich: Apocalyptica arbeiten mit den Guano Apes, Nina Hagen, Rammstein oder Joachim Witt zusammen. Zu dieser Zeit, zur Jahrtausendwende, ist Crossover als Genre-Bastard in der Rockmusik zwar schon seit einer halben Dekade durch, ihre Alben „Cult“, „Reflections“, „Apocalyptica“ und „Worlds Collide“ schaffen es aber allesamt in die TOP 30 der deutschen Charts, „Apocalyptica“ sogar auf Platz 5. Das haben vor Ihnen nur HIM und The Rasmus geschafft.

„7th Symphony“, ihr neues Album, schlägt folgerichtig einmal mehr die Brücke zwischen Szene und Masse. In der äußeren Ästhetik bedienen sich Apocalyptica weiterhin ihrem Gothic-Image aus schwarzen Klamotten, Kajalstift und Metalrelikten im Schriftzug. Ihre damalige Zugänglichkeit aber – ein „Nothing Else Matters“ bekommt man mit Celli nicht kaputt – haben sie sukzessive über Bord geworfen und an Härte zugelegt. Kein Wunder, wenn sich neben Gavin Rossdale als andere illustre Gäste der legendäre und bei Apocalyptica schon öfter in Erscheinung getretene Slayer-Drummer Dave Lombardo oder Brent Smith von der gerade in den USA angesagten Alternative-Rock-Band Shinedown ins Zeug legen. Genau diese Songs mit Gastsängern aber – vom eher peinlichen „Broken Pieces“ mit Lacey von Flyleaf abgesehen – gehen als solide Mainstreamrocknummern durch, der Rest will Metal sein und ist es mehr als damals – Double-Bass und Gitarren-, pardon, Celli-Soli inklusive. Unterm Lidstrich bleibt zu sagen: Die Fans der zweiten Stunde werden anhand von „7th Symphony“ keine Enttäuschung erleben. Selbiges wird man, so lässt zumindest die Vorabsingle „Afterlife“ erahnen, auch bestenfalls über das Comeback-Album von Bush um Gavin Rossdale sagen können. Aber das ist ja eine andere Baustelle.

Cellometalrock:
Apocalyptica – „7th Symphony“ (Columbia/Sony), 20. August 2010.

www.apocalyptica.com

(erschienen auf: BRASH.de, 20. August 2010)