Wie wird man eigentlich Influencer? Was machen die den ganzen Tag? Womit verdienen sie ihr Geld? Fragen wie diese habe ich für das Kinder-Wirtschaftsmagazin „weil.“ beantwortet und beantworten lassen.
DAS GUCKST DU!
Influencer teilen in Videos Pranks, Let’s Plays oder ihr Privatleben. Millionen Menschen schauen ihnen dabei zu. Klingt auch für dich nach einem Traumjob? Spaß haben und dabei reich und berühmt werden? Ganz so leicht ist das nicht! Hinter der lustigen Fassade steckt jede Menge Arbeit.
Schon als 13-Jähriger sah Leo sich Videos von anderen Teenagern und jungen Erwachsenen auf YouTube an. „Das will ich auch mal machen“, dachte der Junge aus Berlin. Aber er hatte Geduld. Erst nach dem Abi probierte Leo sich auf der Social-Media-App TikTok aus. Einer seiner ersten Clips, in dem er sich eine neue Frisur verpassen ließ, ging prompt viral – und Leo war angefixt: „Krass, dass man hier eine Million Klicks kriegen kann! Einfach so, weil das Video irgendwie lustig war!“
Das ist zwei Jahre her. Seitdem postet Leo fast täglich neue Inhalte. Mit Erfolg: Seinem Comedy-Account @freshprinceofberlin folgen auf Instagram rund 65.000 Menschen, bei TikTok sogar 200.000. In seinen Clips parodiert Leo mit Freunden pubertierende Teenager in Alltagssituationen. Die erfolgreichsten wurden dort fast vier Millionen Mal angesehen.
Geld verdient der heute 21-Jährige damit trotzdem bisher unregelmäßig. Leo studiert International Business Management, also Unternehmensführung, hat für sein eigentliches Ziel aber gerade ein Auslandssemester abgesagt: „Eine Million Follower wären schon cool“, gibt er zu. „Ich will einfach, wie alle, mein Hobby zum Beruf machen.“
Was bedeutet eigentlich „Content Creator“?
Leo ist „Content Creator“, das bedeutet übersetzt so viel wie „Erschaffer von digitalen Inhalten“. Das können Witze, Selbstversuche, Reaktionen, Pranks, Bastel- oder Backanleitungen, Mode-, Fitness- oder Gamingtipps sein. Sie kommen meist von jungen Leuten, die sich mit ihren Clips und ihrer Reichweite eine Marke erschaffen haben, die weit über den eigenen Bekanntenkreis hinausstrahlt. Dann sind sie auch Influencer – sie beeinflussen ihre Fans in deren Denken, Handeln oder Freizeitverhalten.
Vielleicht kennst auch du ein paar der ganz großen Namen: Paluten, Arazhul, Jessiebluegrey, Papaplatte, HeyMoritz, EinfachGustav und Alpay Santi zum Beispiel. Sie sind Stars, die ihr junges Publikum unterhalten. Denen du dich nahe fühlen kannst. Durch Werbepausen, Kooperationen, Merchandise, Events, Auftritte und manchmal sogar eigene Bücher verdienen diese Influencer ihren Lebensunterhalt. Viele lassen sich dafür von einer sogenannten Influencer-Marketing-Agentur unterstützen.
Eine dieser Agenturen heißt LunyOne. Niclas Seebode gründete sie zusammen mit dem YouTuber Lukas „puuki“ Ortner 2021 in Köln. Da war Niclas selbst gerade mal 19 Jahre alt. Heute stehen bei LunyOne mehr als 65 „Inhouse Creator“ unter Vertrag, also Leute, die sich exklusiv von ihnen vermarkten lassen. Ihr Zugpferd ist LukasBS. Der Gaming-Influencer teilt auf Youtube jeden Tag ein neues Video, das über 150.000 Kinder und Jugendliche sehen. 2,46 Millionen Menschen folgen ihm. LukasBS zockt das mobile Videospiel „Brawl Stars“, kommentiert und filmt sich dabei. Zwischendurch empfiehlt er Produkte, bewirbt seinen „Burger Pommes Song“ und verkauft Hoodies, Tassen, Eistee und Autogrammkarten als exklusive und zeitlich begrenzt angebotene Pakete. Kaufen, kaufen, kaufen: Seine Fans finden es toll, deren Eltern meist nicht so.
Reichweite ist Geld
Außerdem ist die Nutzung von Youtube sowieso frühestens ab 13 und auch dann nur mit Zustimmung der Eltern erlaubt (siehe Kasten „Welche App ab wann?“). Dass manche Games, Clips, Werbebotschaften und Kaufanreize trotzdem auch von deutlich jüngeren Kindern wahrgenommen werden, ist in der Branche allen bewusst. Du solltest wissen: Wenn dein Lieblings-Youtuber Produkte in die Kamera hält, heißt das nicht unbedingt, dass er sie wirklich gut findet. Er kriegt wahrscheinlich Geld für diese Platzierung, die dann als „Werbung“ gekennzeichnet sein muss. Niclas sagt, seine Agentur halte sich an diese Richtlinien. Wer bei ihm einen Vermarktungsvertrag unterschreibt, verpflichtet sich außerdem, keine unanständigen oder politischen Aussagen in den Videos zu machen. Bisher läuft es gut und das soll auch so bleiben. Denn in einer Größenordnung wie der von LukasBS kann man mit der Produktion von Webvideos pro Jahr durchaus siebenstellige Summen verdienen, also eine Million Euro und mehr.
Das hat allerdings seinen Preis, weiß der Firmenchef: „Du hast Verantwortung für Mitarbeitende. Dein Kopf macht nie Feierabend. Du musst immer an das nächste Video und die nächste Idee denken. Und findest dich irgendwann viel öfter in irgendwelchen Terminen wieder als bei dem, was dir ursprünglich am meisten Spaß gemacht hat. Zum Beispiel daddeln.“
Oberflächlichkeit statt echte Freundschaften
So erging es auch Lara. 2016 lud sie im Alter von gerade mal 14 Jahren beim TikTok-Vorgänger „Musically“ erste Videos mit Freundinnen hoch. Weil andere Mitschülerinnen und -schüler darüber lästerten, ließen diese Freundinnen Lara bald wieder im Stich. Sie machte trotz Mobbing in der Schule weiter, sprach unter dem Usernamen Lacema in Livestreams „über Gott und die Welt“, beantwortete Fragen, steigerte ihre Reichweite, warb auf Instagram für Markenklamotten und verdiente bald über 1000 Euro – mit jedem einzelnen Post.
Trotzdem fühlte sie sich zunehmend ausgenutzt: Selbst bei privaten Treffen wollten alle bloß gut aussehen, Videos drehen und ein Stück vom Kuchen abhaben. Lara fehlten echte Freundschaften. „Es war alles zu viel und zu früh“, sagt Lara heute. Irgendwann wollte sie nicht länger auf der Straße erkannt werden, ließ ihre Influencer-Karriere hinter sich und strebt heute einen Beruf an, der nicht von Klicks, Algorithmen und oberflächlichem Networking abhängt: Sie macht eine Ausbildung zur Ergotherapeutin.
Vor dem Irrglauben, dass Influencerin oder Influencer ausnahmslos ein Traumberuf sei, warnt auch Leo: „Viele wollen nur den Lifestyle, sehen aber den Weg nicht.“ Den ist er schon ein gutes Stück gegangen. Sollte er sein Ziel dennoch nicht erreichen, steht er trotzdem nicht ohne Plan B da: Dass er sein Wirtschaftsstudium in jedem Fall beendet, hat Leo seiner Mama versprochen.
- Dieser Text erschien in leicht gekürzter Version in der Oktober-Ausgabe von „weil.“, das erste Wirtschaftsmagazin für Kinder aus dem Carlsen-Verlag. Ihr Schwerpunktthema lautete „Teilen“. „weil.“ erscheint alle zwei Monate. Ihr findet es in jedem gut sortierten Kiosk – oder online unter www.weil-magazin.de.






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